Geschäftsmodelle funktionieren in aller Regel nur dann, wenn das Geschäft skalierbar ist. Das heisst, die zusätzliche Herstellung eines Produkts sollte so wenig Zusatzkosten verursachen, wie möglich. Ein Paradebeispiel hier ist Netflix: Einen Film oder eine Serie zu produzieren, ist zwar eine teure Angelegenheit. Dieses Produkt dann aber einem zusätzlichen Kunden (in Form eines zahlenden Nutzers) zu verkaufen, kostet dem Unternehmen praktisch nichts. Je mehr Nutzer sich anmelden, um Netflix-Inhalte zu schauen, desto besser skaliert sich das Geschäft des Streaming-Diensts.

Auf diese Skaleneffekte setzen auch Lieferdienste wie Doordash. Der grösste US-Essenlieferant hat kürzlich einen äusserst erfolgreichen Börsengang an der Wall Street feiern können. Der Grund für die Euphorie hinter Doordash: Das Unternehmen wird als grosser Player der Plattform-Ökonomie gesehen. Doordash stellt eine digitale Plattform zur Verfügung, auf der Restaurants und hungrige Kunden aufeinandertreffen und zusammenkommen. Auch hier setzt das Unternehmen, ebenso wie seine Investoren, auf die Skalierbarkeit: Je mehr Essen bestellt wird, desto profitabler wird das Geschäft.

Allerdings: Wie schwierig es ist, mit diesem Geschäft Profite zu erwirtschaften, zeigt ein Blick auf die Branche. Sowohl Doordash, als auch die europäischen Lieferdienst-Riesen Delivery Hero und Just Eat verbrennen seit Jahren massenhaft Geld. Selbst während der Corona-Krise, in der die Bestellungen und Umsätze von Lieferdiensten nach oben schossen, schaffte es keiner der Lieferdienste in die Gewinnzone. Ein genauerer Blick auf das Geschäftsmodell von Doordash zeigt, warum.

Lieferdienste schaffen es nicht in die Gewinnzone

Vom gesamten Umsatz einer Bestellung bei Doordash fliessen etwa 60 Prozent an das Restaurant. Rund 25 Prozent gehen an den Fahrer, der das Essen ausliefert, und nur etwa 15 Prozent bleiben für Doordash übrig. Von diesen 15 Prozent muss das Unternehmen seine Plattform betreiben, Kunden und Restaurants gewinnen und betreuen, seine Fahrer schulen, Zahlungsabwicklungen tätigen und noch vieles anderes finanzieren. Im Moment gilt bei Doordash noch immer: Mehr Umsatz heisst auch mehr Kosten. Die Skaleneffekte greifen bei Doordash noch immer zu wenig, um Gewinne zu erwirtschaften.

Das Fatale: Doordash beherrscht bereits etwa 50 Prozent des US-Markts, hat seinen Umsatz in der Corona-Krise verdreifachen können – schreibt aber immer noch Verluste. Hinzukommen andere Risiken wie die Konkurrenz: In den USA überbieten sich Lieferdienste wie Doordash, Grubhub oder Uber Eats mit Rabattaktionen, um Kunden zu gewinnen. Als Kunde ist es aber kinderleicht den Dienst zu wechseln, je nachdem, wer gerade das beste Angebot offeriert. Kundenbindung ist für die Lieferdienste praktisch unmöglich.

Die Alternative für Anleger

Doordash ist also noch immer eine Wette auf steigende Skaleneffekte, die sich bei noch weiter steigenden Nutzerzahlen, irgendwann einstellen sollen. Doch als Anleger kann es sich manchmal als bessere Variante erweisen, nicht auf die Gelddruckmaschine von Morgen zu wetten, sondern auf Unternehmen zu setzen, die es bereits geschafft haben, mit ihrem Geschäftsmodell Gewinne zu erzielen. Und auch unter den Lieferdiensten gibt es tatsächlich ein Unternehmen, welches das von sich behaupten kann. Hellofresh ist ebenfalls ein grosser Profiteuer der Corona-Pandemie. Der Auslieferer von Koch-Boxen hat 2020 seinen Umsatz verdoppeln können. Aber: Das Unternehmen mit Sitz in Berlin hat bereits vor Corona beweisen können, dass es profitabel wirtschaften kann. Seit dem dritten Quartal 2019 hat Hellofresh in jedem Quartal Gewinne vermelden können. 

Das Berliner Startup, welches 2017 an die Börse ging, hat den Vorteil, vom Umsatzkuchen deutlich mehr abzukriegen als Lieferdienste, die fertige Gerichte von anderen ausliefern. Restaurants fallen bei Hellofresh komplett weg, da das Unternehmen die Zutaten selbst bereit- und zusammenstellt. Einzig die Fahrer müssen entlöhnt werden. Die Lager werden laufend ausgebaut. Zudem hat sich bisher keine wirkliche Konkurrenz in diesem Segment etablieren können. Die Aktie gehört mit einem Plus von rund 200 Prozent bereits zu den grossen Gewinnern in diesem Jahr und hat dementsprechend keine günstige Bewertung mehr.

Analysten trotz Rally weiter positiv 

Die Wachstumsaussichten sind aber intakt, auch wenn mittlerweile etwas Licht am Ende des Corona-Tunnels zu sehen ist. Das Unternehmen überraschte jüngst die Analysten mit einem Umsatzwachstumsziel von 25 Prozent im nächsten Jahr und einer deutlich erhöhten Gewinnmarge von 9 bis 12 Prozent. Auch wenn sich für Hellofresh ein Jahr wie 2020 nicht wiederholen dürfte, ist die Aktie langfristig weiterhin interessant. Wer auf Lieferdienste setzen will, sollte Hellofresh Doordash vorziehen. Zehn von 17 Analysten empfehlen die Aktie denn auch zu Kauf, laut Bloomberg. Sechs empfehlen die Aktie zu halten, nur einer drückt auf den Verkaufsknopf.