Es sind markige Worte, welche Jeremy Grantham auf der Website des britischen Vermögensverwalters GMO veröffentlicht hat. "Der lange, lange Bullenmarkt seit 2009 hat sich nun zu einer vollwertigen, epischen Blase entwickelt. Sie ist gekennzeichnet durch extreme Überbewertung, explosiven Preissteigerungen, wahnsinnig vielen Börsengängen und hysterisch spekulativem Anlegerverhalten", schreibt Grantham  in seinem Aktionärsbrief .

Damit nicht genug: Laut Grantham wird diese Börsenhausse als eine der grössten Blasen in die  Finanzgeschichte eingehen, zusammen mit der sogenannten Südseeblase von 1720, dem spektakulären Börsencrash von 1929 und der Dotcom-Bubble um die Jahrtausendwende.

Der 82-jährige Jeremy Grantham, Gründer von GMO, ist nicht irgendwer. Wenn er seine Meinung äussert, hört die Investorengemeinde hin. Er einer jener Investoren, die sich einen "Guru-Status" geschaffen haben, indem sie diverse Blasen und Krisen prognostizierten. Er warnte schon  vor der Dotcom-Blase und 2007 vor der anrollenden Finanz- und Kreditkrise.

Die Bubbles zu früh prognostiziert

Allerdings, und das mussste der Börsen-Pessimist Grantham selber zugeben, war er oft zu früh mit seinen Warnungen. Vor dem Platzen der Dotcom-Bubble etwa warnte er bereits Anfang 1998. Er verpasste damit eine massive Aktienrallye während über zwei Jahren, bis es dann an der Börse tatsächlich zum Absturz kam. Diese Erfahrungs sei schmerzhaft gewesen, sagte Grantham einmal. 

Ähnliches scheint sich jetzt zu wiederholen. Schon Anfang Juni 2020 warnte Grantham, dass die Kursentwicklung an den Börsen im Missverhältnis stünden zur realwirtschaftlichen Entwicklung.  Er reduzierte damals den Aktienanteil von 55 auf nur noch 25 Prozent. Seither ist der Dow-Jones-Index in den USA um 21 Prozent gestiegen, der Nasdaq 100 gar um 32 Prozent. Erneut ist Grantham also einiges an Kursgewinnen entgangen.

Dass es an der Börse zu einem Rückschlag kommen wird, steht ausser Frage. Fragt sich bloss wann und in welchem Ausmass. Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Shiller, Professor an der Yale Universität, warnte 1999 und 2007 ebenfalls vom Platzen der Börsenblasen. Er glaubt nun nicht, dass es gezwungenermassen zu einem Crash kommen werde, aber das Risiko dafür sei relativ hoch. "Es ist Zeit, vorsichtig zu sein", schrieb er Mitte Dezember.

Albert Edwards, globaler Investmentstratege bei Société Générale und ebenfalls nicht für seine übermässig positive Börsensicht bekannt, mokiert sich jedenfalls über Prognosen der Börsengurus. Er zitiert dabei eine der grössten Falschprognosen der Finanzgeschichte. Sie stammt vom US-Ökonomen Irving Fisher, der ebenfalls an der Yale Universität lehrte und 1929 sagte: "Die Aktienkurse haben das erreicht, was wie ein dauerhaft hohes Niveau aussieht". Wochen später kam es zum spektakulärsten Börsencrash des 20. Jahrhunderts, der die gesamte Welt in eine tiefe Wirtschaftskrise riss.

(cash)