An den europäischen Börsen fanden 161 IPOs statt, die zusammen 28,3 Milliarden Dollar wert waren, zeigen von Bloomberg zusammengestellte Daten. Damit übertrafen sie die 26,7 Milliarden Dollar, die sich 136 Börsenneulingen im vergangenen Jahr hatten. Dies ist allerdings nur ein Bruchteil der weltweiten Debüts, die von 893 Transaktionen im Wert von 134,3 Milliarden Dollar im asiatisch-pazifischen Raum und den rekordverdächtigen 174,1 Milliarden Dollar in 483 US-Deals profitierten.

Zwar gab es die meisten Börsengänge in Norwegen. Jedoch entfiel auf London mit 33 Transaktionen im Wert von 11,3 Milliarden Dollar mehr als ein Drittel der europäischen Erlöse, ein Fünftel mehr als die schlechten Zahlen aus dem Vorjahr. Darin enthalten sind internationale Emittenten wie die kasachische Digital-Bank Kaspi.kz JSC und zwei Milliarden-Dollar-Notierungen von chinesischen Unternehmen. Allerdings kam das grösste Debüt vom Online-Shopping-Imperium THG, einem heimischen Anbieter.

Mehr inländische IPO-Kandidaten

Nächstes Jahr könnte es mehr inländische IPO-Kandidaten geben, selbst wenn die Möglichkeit eines holprigen Ausstiegs aus der Europäischen Union nicht gerade Begeisterung schürt. “Ab 2021 erwarten wir, dass der britische Anteil der Pipeline stärker als gewöhnlich aussehen wird”, sagte Charlie Walker, Leiter Aktien- und Rentenprimärmärkte an der Londoner Börse.

Und das trotz der schlechten relativen Performance der britischen Aktienmärkte. Der FTSE 100-Index ist im Jahr 2020 um 13 Prozent gefallen, mehr als doppelt so stark wie der Rückgang des Stoxx Europe 600 von 5,6 Prozent, während die stärker binnenmarktorientierte Benchmark FTSE 250 um 9,8 Prozent eingebrochen ist. Und die britische Wirtschaft steht vor ihrer schlimmsten Rezession seit Jahrhunderten.

Doch mit dem nahenden Ende der Brexit-Achterbahnfahrt, die 2016 begann, scheinen die Aussichten für London besser zu werden. “Für das nächste Jahr wird erwartet, dass es keine solchen Faktoren gibt, die zu Volatilität führen”, sagte Walker.

Und einige grosse Namen stehen bereits in den Startlöchern. Deliveroo prüft unterrichteten Kreisen zufolge eine Notierung in London im nächsten Jahr. Das britische Startup für die Lieferung von Lebensmitteln profitierte davon, dass die Leute im Home Office über die App Mahlzeiten bestellten. Die Cybersecurity-Gesellschaft Darktrace soll Banken für einen Börsengang in der britischen Finanzmetropole engagiert haben, wie mit der Angelegenheit vertraute Personen berichten.

Skandinavische Stärke

Zwar hat London den grössten Teil des Geldes angezogen hat, doch den Titel des geschäftigsten IPO-Markts holte sich in diesem Jahr Oslo. Norwegens IPO-Markt ist aus seinem Schattendasein herauskatapultiert worden und zog eine Rekordzahl von 34 Deals an, fast sechs Mal so viele wie 2019, geht aus den Daten hervor. Und mindestens drei weitere sollen noch vor Jahresende hinzukommen.

Verschiedene Faktoren führten zu dem Notierungsboom, sagt Magnus Kvinge, Leiter norwegische Aktienmärkte bei ABG Sundal Collier ASA. Dazu gehörten die rasante Dynamik auf dem Osloer Wachstumsmarkt, die Digitalisierung des IPO-Prozesses während der Pandemie und die Verbreitung von Ankerinvestoren, die zuvor bei schwedischen Transaktionen häufiger vorkamen. Schweden belegte nach London den dritten Platz mit 29 IPOs und 2,6 Milliarden Dollar.

Frankreich, Deutschland schwächeln

Allerdings konnte nicht jedes Land die Performance vom Vorjahr übertreffen. Italiens Absturz ist besonders markant. Erst im vergangenen Jahr war das Land mit 35 Börsengängen im Wert von 2,9 Milliarden Dollar Europas aktivster Markt. Das Volumen ist mittlerweile auf 745 Millionen Dollar abgeschmolzen.

Der traditionelle Gigant Deutschland bekam nur 1,3 Milliarden Dollar zusammen, weniger als ein Drittel der Erlöse von 2019, während Frankreich noch grössere Einbussen verzeichnete. Nachdem Paris zuvor Transaktionen im Wert von 3,2 Milliarden Dollar abgeschlossen hatte, wurden in diesem Jahr weniger als 600 Millionen Dollar über Börsenneulinge beschafft. Die Hälfte davon kam von einer Blankoscheckfirma, die vom französischen Milliardär Xavier Niel und zwei weiteren Partnern letzte Woche an die Börse gebracht wurde.

(Bloomberg)