Das US-Börsenbarometer S&P-500 hat sich so schnell von der Corona-bedingten Talfahrt erholt wie noch nie zuvor von einem Bärenmarkt. Binnen fünf Monaten hat der Index mehr als 50 Prozent zugelegt und am Dienstag das Februar-Hoch von 3386,15 Zählern übertroffen. Der Schwung geht verstärkt von Kleinanlegern aus, die durch die Rally an die Börse gelockt werden. Ihre Präsenz im Handel wird derzeit nur noch von den Market-Makern übertroffen.

"Jeder erinnert sich an 1999 und die Day-Trader, an Leute, die ihren Job kündigen, um in Aktien zu handeln", sagt Marktstratege Ryan Detrick von LPL Financial. "Man könnte argumentieren, dass dies für den finalen Schub gesorgt hat. Inzwischen ist der Markt allerdings grösser geworden und es tummeln sich mehr Leute in ihm als damals. Im Moment sind die Kleinanleger eindeutig ein Faktor. Es gibt so viel Optimismus, so viel Begeisterung."

Bei Kleinanlegern populäre Werte haben in diesem Jahr rund sieben Mal so stark zugelegt wie der S&P-500. Fünf ihrer Lieblingsaktien, die Goldman Sachs in einem Portfiolio zusammengestellt hat, haben ihren Wert in diesem Jahr mehr als verdoppelt: Die Aktien von Tesla, Moderna und Nvidia ebenso wie Titel des Brennstoffzellen-Spezialisten Plug Power und der Penn National Gaming. Für den Aktienkorb insgesamt ging es 34 Prozent voran. Der S&P 500 bügelte zwar die herben Corona-Verluste aus, rückte gegenüber dem Jahreswechsel aber nur 5 Prozent vor.

Geldbestände der Kunden schwinden

Kunden des Brokerhauses E*Trade Financial Corp haben ihre Barmittelbestände mittlerweile auf Werte gesenkt, die den Niveaus vor der Corona-Krise entsprechen. Auch bei Charles Schwab und TD Ameritrade schwinden die Geldbestände der Kunden. Laut Daten des Analysehauses Vanda Research haben sie die Hälfte der Zuwächse eingebüsst, die durch Verkaufsorders während der Marktverwerfungen aufgebaut worden waren.

Nachdem der S&P-500 fast 13 Billionen Dollar an Marktwert wiedergewonnen und den Corona-bedingten Bärenmarkt hinter sich gelassen hat, notiert er nun 12 Proznet über dem gleitenden 100-Tage-Mittel. So stark ist er dem technischen Indikator in den vergangen zwölf Marktzyklen nur zweimal davon geeilt: 1991 und 1982.

Die mittlere Bewertung im S&P-500 liegt inzwischen beim 26-fachen der erwarteten Unternehmensgewinne und ist damit so hoch wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Bedenklich stimmt auch der Zustrom von Kleinanleger-Geldern in die Aktien unrentabler Unternehmen wie Eastman Kodak und Hertz Global.

Gary Bradshaw von Hodges Capital Management in Dallas wünschte sich dennoch, sein Fonds würde über mehr Geld verfügen, um sich noch stärker am Aktienmarkt engagieren zu können. "Einen Gipfelpunkt der Rally will ich nicht prognostizieren", sagt der Portfoliomanager. "Die Bondrenditen sind so niedrig und am Geldmarkt ist kein Geld zu verdienen. Es gibt einfach nicht viele Alternativen. Und da noch viel Geld an der Seitenlinie geparkt ist, denke ich, der Markt wird noch weiter anziehen."

(Bloomberg)