Es ist Herbst. Im Frankfurter Stadtteil Bornheim, im 19. Jahrhundert weithin bekannt als ’das fröhliche Dorf’ für seine Apfelweintradition, haben sich über 100 Banker und IT-Fachleute zu einer nüchternen Angelegenheit zusammengefunden: Sie erörtern Fragen zur Finanzierung von Start-ups mit Fremdkapital.

Der rund zwei Kilometer von der Innenstadt entfernte sogenannte Fintech Hub von Deutsche Börse am Sandweg in Bornheim, befindet sich in einem mehrgeschossigen Backsteinbau. Der Hub ist eines von mehreren Zentren in der Finanzmetropole am Main, die über die Stadt verteilt aus dem Boden schießen. Frankfurt will den Anschluss an größere Zentren bei der Digitalisierung des Finanzsektors, darunter London und Singapur, nicht verpassen.

Da Wagniskapital traditionell in Deutschland knapp ist, haben Banken und Börse die Initiative ergriffen. Deutsche Bank hat Unternehmen eingeladen, sich in der sogenannten Digitalfabrik im Frankfurter Stadtteil Sossenheim anzusiedeln, wo die Bank neue mobile Anwendungen entwickelt. 

Bei der Commerzbank ist die Finanzierung von elf Fintech Start-ups durch CommerzVentures und den sogenannten Main Incubator angelaufen. In einem weiteren Vorhaben, dem sogenannten Tech Quartier, das mit Unterstützung der Stadt Frankfurt, des Landes Hessen und privater Unternehmen im Frankfurter Hochhaus Pollux nahe der Messe angesiedelt ist, erhalten Gründer ab dem 17. November eine Infrastruktur mit Zugang zu Mentoren.

"Es gibt wenig Optionen"

"In Deutschland bauen wir unsere eigenen Akzeleratoren, es gibt wenig Optionen", sagte Oliver Bussmann, Gründer und geschäftsführender Partner der Fintech Beratungsfirma Bussmann Advisory und zuvor CIO bei UBS und SAP. "Es ist ein Wettbewerb entstanden, ein Ökosystem von Start ups, Banken, Universitäten und Aufsichtsbehörden zu schaffen - wem das gelingt, der kann die Branche verändern."

Deutschland belegt den zweiten Platz bei Fintechs in Europa nach Großbritannien und hat 2015 Investitionen im Umfang von 524 Mio. Euro eingesammelt, verglichen mit 707 Mio. Euro in Großbritannien. Das belegt eine Studie von Ernst & Young vom März. Während Wagniskapitalfinanzierungen weltweit im zweiten Quartal rückläufig tendierten, legten diese in Deutschland auf 186 Mio. Dollar und übertrafen damit jene in Großbritannien.

Im ersten Quartal waren es in Deutschland noch 107 Mio. Dollar gewesen, zeigt eine Studie von KPMG und CB Insights. Gleichwohl lag Frankfurt in einem im September veröffentlichten Ranking hinter London und Singapur. Gegenstand der Betrachtung war die Wahrscheinlichkeit, mit der Fintech Hubs an verschiedenen Standorten zum Wachstum beitragen.

"Ich sehe nicht viele erfolgreiche Fintechs in Deutschland," sagte Eric Leupold, Head of Department Pre-IPO & Capital Markets, bei Deutsche Börse. "Wenn wir es schaffen, aus Frankfurt einen Standort für Fintechs zu machen, dann profitieren wir auch."

(Bloomberg)