Das verschärfte politische Umfeld lässt derzeit die Finanzmärkte kalt. Trotz Anzeichen einer Regierungskrise in Portugal und einem erzwungenen Machtwechsel in Ägypten haben die Börsen in den letzten Tagen deutlich zugelegt. Vor allem das Bekenntnis des EZB-Chefs Mario Draghi, die Zinsen über einen längeren Zeitraum auf niedrigem Niveau zu belassen, gab den Aktienkursen deutlichen Aufschwung.
"Die politischen Turbulenzen sind zwar ein Belastungsfaktor, etwas Aussergewöhnliches sind sie aber nicht", sagt Sven Bucher, Researchleiter der Zürcher Kantonalbank, im cash-Börsen-Talk. Die Börsen hätten sich allmählich daran gewöhnt, dass in Portugal nicht alles nach Plan laufe. Es sei wohl eine Frage der Zeit, bis sich die Regierung nach dem Rücktritt des Finanzministers wieder finde.
Erhöhte Volatilität in den kommenden Wochen
Für die kommenden Wochen erwartet Bucher dennoch eine erhöhte Volatilität und empfiehlt deshalb, vorerst in defensiven Aktien übergewichtet zu bleiben. Diese Titel hatten bereits im ersten Halbjahr gegenüber den zyklischeren Industrieaktien deutlich überperformt. Trotz dieses guten Laufs der defensiven Titeln macht Bucher durchaus noch günstig bewertete Aktien in diesem Bereich aus.
"Syngenta ist im bisherigen Jahresverlauf deutlich zurückgeblieben", sagt Bucher. Bei dieser unterdurchschnittlichen Kursentwicklung hat unter anderem das schlechte Wetter mitgespielt. Dies war dafür verantwortlich, dass die Anbausaison schlecht ausfiel. Allerdings deuten die Prognosen der Konkurrenten Monsanto und Dupont darauf hin, dass das zweite Semester deutlich besser ausfallen dürfte. Daneben empfiehlt Bucher die defensiven Schwergewichte Nestle und Novartis.
Nach dem Sommer Fokus auf Zykliker
Sobald sich aber die US-Wirtschaft festige, sei es Zeit, in zyklischer ausgerichtete Aktien zu investieren, sagt Bucher. Als Anlagemöglichkeiten bieten sich dabei aus langfristiger Sicht die Aktien des Technologiekonzerns ABB an. Im Small- und Midcap-Bereich konzentriert sich der ZKB-Vertreter auf Titel, die sich in einer Spezialsituation befinden.
Noch immer gut gefallen ihm die Titel von AFG Arbonia-Forster. Die Industriegruppe ist mit der Fokussierung auf ihr Kerngeschäft auf gutem Weg, was die Anleger bislang überdurchschnittlich honoriert haben. Die Titel haben seit Anfang Jahr 13 Prozent zugelegt. "Ebenfalls gefallen uns die Aktien von Bossard", sagt Bucher. Der Zuger Schraubenhändler hat erst kürzlich eine Übernahme getätigt. Zudem ist der Titel günstig bewertet und bietet laut Bucher Potenzial nach oben.
Bis Ende Jahr, so glaubt Bucher, sollten die Börsen trotz zwischenzeitlichen Kursdellen über den Stand von Anfang Juli steigen, ohne dabei ein konkretes Punktziel zu nennen. Anfang Juli notierte der SMI bei rund 7800 Punkten. Vorderhand werde die Geldschwemme der Notenbanken die Aktienbörsen nach oben treiben, sagt Bucher. Längerfristig sei es aber wichtig, dass auch die Gewinnentwicklung der Unternehmen Schritt halten könne.
Im Börsen-Talk äussert sich Bucher zudem zu den Bankaktien und sagt, welcher Titel aus diesem Sektor kaufenswert ist.