Da steht er auf dem Rollfeld des diskreten Privatjet-Bereichs des Flughafens Zürich, der "Signature Series Phenom 300" des brasilianischen Flugzeug-Herstellers Embraer. Der Siebenplätzer ist ein relativ kleiner Luxusflieger, der in der Regel ohne Flight Attendant auskommt. Dafür gibts eine Minibar, und gleich beim Eingang steht eine Einzeltassen-Kaffeemaschine. "Es hört sich trivial an, aber genau solche Sachen wissen unsere Kunden zu schätzen", sagt Carsten Michaelis, verantwortlich bei NetJets für Zentral- und Osteuropa.

Die Embraer, laut NetJets ein Einsteigermodell, ist eines der 670 Flugzeuge, mit denen der weltweit tätige Privatjet-Betreiber NetJets in den nächsten zehn Jahren in Europa seine Flotte aufhübschen und die Konkurrenz bedrängen will. Das Investitionsprogramm für diesen Zeitraum beträgt 17,6 Milliarden Dollar. Bereits heute verfügt Netjets über 800 Jets und fliegt weltweit über 5000 Flughäfen an.

Die Investitionssumme ist insofern erstaunlich, weil die Finanz- und Schuldenkrise in den letzten Jahren auch an der Geschäftsfliegerei nicht vorbeiging - vor allem in Europa. Unternehmen haben ihre Reiseausgaben zum Teil drastisch zusammengestrichen. Das Resultat: Die Krise brachte 2009 einen Rückgang von 35 Prozent im Geschäftsreiseverkehr. Den Überlebens- und Konkurrenzkampf hat zum Beispiel die Geschäftsfliegerei-Tocher der Swiss, die Swiss Private Aviation, nicht überlebt. Sie ging bereits Ende 2010 nach kurzer Lebenszeit ein.

Licht am Ende des Europa-Tunnels

Immerhin zeigt sich nun auch auf dem Alten Kontinent etwas Morgenröte. "Wir sehen in Europa stabilisierende Tendenzen in der Geschäftsfliegerei. Wir sind vorsichtig optimistisch", sagt Michaelis im cash-Video-Interview. Netjets-CEO Jordan Hansell beobachtet Aufschwungtendenzen bei den Luxusflügen in den USA schon seit 2010, wie er im Mai sagte. Für Europa war er damals noch zurückhaltend.

Ein Hinweis für das Anziehen der NetJets-Geschäftstätigkeit in Europa gibt der Flughafen Zürich, der europaweit am siebtmeisten angesteuerte Airport von NetJets. Hier habe die Anzahl Flugstunden im 2013 bislang um zehn Prozent zugenommen, verrät Michaelis.

Die Privat- und Geschäftsfliegerei ist eigentlich sehr diskret und höchst verschwiegen. Flugzeuge werden nicht mit Firmenlogos versehen, über die Kundschaft wird keine Auskunft gegeben. 75 Prozent der NetJets-Kunden in Europa und in der ganzen Schweiz kommen aus dem Unternehmensbereich, der Rest aus dem Freizeitsegment, so Michaelis. In der Deutschweiz ist das Verhältnis genau umgekehrt, was wohl mit dem Traffic am Engadiner Flughafen Samedan zusammenhängt, wo NetJets die Nummer eins ist.

Von den 1500 Kunden in Europa hat NetJets deren 150 in der Schweiz. Sie sind Teileigentümer eines Flugzeuges, was als Modell des "Fractional Ownership" bezeichnet wird. Dabei wird den Kunden der Zugang zur Maschine garantiert, und NetJets ist dazu verpflichtet, den Teileigentümer innert maximal zehn Stunden an einem Flughafen weltweit abzuholen. Die Anteile für das Teileigentum beginnen bei 50 Flugstunden pro Jahr oder einem Sechzehntel der Maschine.

Wieder profitabel

Zu Preisen von NetJets will Michaelis keine Auskunft geben. Doch gemäss NZZ kostet ein Sechzehntel-Anteil für Langstrecken-Jets 3,1 Millionen Dollar. Etwas billiger sind Private-Jet-Cards, die nach Vorabzahlung von 143'000 Dollar pro Jahr zur Nutzung von 25 Flugstunden berechtigen.

Die Investitionssumme von fast 18 Milliarden Dollar für die nächsten zehn Jahre kann sich NetJets wegen seines Eigentümers leisten. 1998 kaufte Warren Buffett, mit 60 Milliarden Dollar Vermögen der viertreichste Mann der Welt, die 1964 gegründete Airline und gliederte sie in seine Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway ein - ein Firmenkonglomerat mit mittlerweile über 80 Unternehmen.

Da Warren Buffett langfristig investiert, hielt er auch an NetJets fest, als die Airline lange Zeit nicht auf Touren kam und nach seinem Kauf erst 2006 schwarze Zahlen schrieb. Nach einem Rückfall wegen der Finanzkrise geht es NetJets wieder besser und soll in den letzten zwei Jahren wieder profitabel gewesen sein, allerdings nur leicht.

Sehen Sie auch das Video-Interview mit Carsten Michaelis von NetJets und werfen Sie Blicke in den Embraer Phenom 300.