Als Anfang März in den USA die Coronavirus-Infektionen rasant zunahmen, rief ein Manager aus dem Silicon Valley den Schutzbauten-Spezialisten Rising S an. Er wollte wissen, wie er die Geheimtür zu seinem mehrere Millionen Dollar schweren Bunker in Neuseeland öffnen kann.

Der Tech-Executive habe den gut drei Meter unter der Erde liegenden Bunker nie benutzt und sich nicht erinnern können, wie er ihn entsperren sollte, berichtet Gary Lynch, General Manager des in Texas ansässigen Bunkerbauers. "Er wollte die Kombination für die Tür verifizieren und stellte Fragen zu Strom und dem Warmwasserbereiter und ob er zusätzliche Wasser- oder Luftfilter mitnehmen müsste", erinnert sich Lynch.

Der Geschäftsmann mit dem Bunkerproblem leitet ein Unternehmen in der Bay Area, lebt aber in New York, das sich schnell zum Coronavirus-Epizentrum der Welt entwickelte. "Er ging nach Neuseeland, um all dem zu entkommen, was passiert", sagte Lynch. "Soweit ich weiss, ist er immer noch da." Die Namen seiner Kunden hält Lynch geheim.

Neuseeland ideal für Weltuntergang

Neuseeland spielt seine Jahren eine bedeutende Rolle bei den Bemühungen wohlhabender Amerikaner, einen potenziellen Weltuntergang zu überleben. Mit mehr als 1000 Meilen Abstand zur Südküste Australiens liegt der saubere, grüne Inselstaat sozusagen am Ende Welt.

Dabei hat er nur 4,9 Millionen Einwohner, etwa ein Fünftel der Bewohner des Grossraum New York. Neuseeland ist bekannt für herrliche Natur, lockere Politiker und erstklassige Gesundheitseinrichtungen.

Für die Krisenreaktion auf die die Corona-Pandemie wurde Neuseeland international gelobt. Das Land setzte früh einen vierwöchigen Lockdown durch und hat heute mehr Genesene als Erkrankte. Nur 12 Personen sind an der Krankheit gestorben. 

Schutzdomizile gesucht

In einem globalen Katastophen-Szenario - in welchem Hinblick auch immer - gibt es auf der Insel einige Möglichkeiten zum Verschanzen. Zum Beispiel das unterirdische globale Zufluchtsnetz Vivos. Auf der Südinsel nördlich von Christchurch hat das in Kalifornien ansässige Unternehmen einen 300-Personen-Bunker installiert, wie Gründer Robert Vicino berichtet. In der vergangenen Woche hat er zwei Anrufe von potenziellen Kunden entgegen genommen, die zusätzliche Schutzdomizile auf der Insel bauen möchten.

In den USA sind seinen Angaben zufolge zwei Dutzend Familien in ein Vivos-Schutzareal für 5000 Personen in South Dakota gezogen. Hier wohnen sie in einem Bunker auf einer ehemaligen Militärbasis, die etwa drei Viertel der Grösse von Manhattan entspricht. Vivos hat auch einen 80-Personen-Bunker in Indiana gebaut und entwickelt in Deutschland eine Schutzunterkunft für 1000 Personen.

Im Bunker fehlt es nicht an Luxus

Rising S hat in den letzten Jahren etwa 10 private Bunker in Neuseeland gebaut. Die durchschnittlichen Kosten betragen 3 Millionen Dollar für einen Zufluchtsort mit einem Gewicht von etwa 150 Tonnen. Leicht könne sie jedoch bis zu 8 Millionen Dollar kosten - wenn es Luxus-Badezimmer geben soll, Spielzimmer, Schiessstände, Fitnessräume, Kino oder Krankenhausbetten.

Mit der Eskalation der Corona-Pandemie beschloss auch Mihai Dinulescu, dem Silicon Valley gen Neuseeland den Rücken zu kehren. Am 12. März zog er die Reissleine bei seinem Kryptowährungs-Startup. "Ich befürchtete, dass es jetzt oder nie sein müsste, denn ich dachte, sie könnten anfangen, die Grenzen zu schliessen", sagte der 34-jährige. "Mich überwältigte das Gefühl, dass wir gehen müssten."

Flieger nach Auckland war voll

Dinulescu packte seine Koffer und liess seine Möbel, Fernseher, Gemälde und andere Sachen bei Freunden. Er kaufte das früheste verfügbare Flugticket und innerhalb von 12 Stunden befanden sich der ehemalige Student der Harvard University und seine Frau auf einem 7-Uhr-Flug nach Auckland.

In San Francisco "war der gesamte internationale Teil des Flughafens leer - bis auf einen Flug nach Neuseeland", sagte Dinulescu. "In einer Zeit, in der so gut wie alle Flugzeuge nur zu einem Drittel ausgelastet waren, war dieses Ding gut gebucht."

Vier Tage später schloss Neuseeland seine Grenzen für ausländische Reisende, was einige Flucht-Reisepläne vereiteln haben könnte. Dinulescu steht nach eigenen Angaben mit ungefähr zehn Leuten in Neuseeland in Kontakt, die vor dem Shutdown die Einreise geschafft hätten. "Viele Risikokapitalgeber, die ich kenne, hatten jedoch nicht rechtzeitig genug Angst vor einer Schliessung der Grenze", sagte Dinulescu. "Und jetzt kommen sie nicht mehr rein." Nach Bekanntgabe des Shutdowns meldete die lokale Presse indessen einen leichten Anstieg der Landungen von Privatflugzeugen im Land.

Begehrtes Investorenvisum

Inzwischen arbeitet Dinulescu für Ao Air, den Entwickler einer Luftfiltermaske. Seit Beginn der Pandemie erhielt das Startup Anfragen von etwa einem Dutzend hoffnungsvoller Mitarbeiter der US-amerikanischen Tech-Industrie, wie Dinulescus neuseeländischer Partner, Dan Bowden, berichtet. Generell sei er diesbezüglich vorsichtig.

"Einige Menschen haben Angst und kontaktieren mich, nur weil sie ein Visum wollen", sagt Bowden. Ein potenzieller US-amerikanischer Investor habe sogar gefragt, ob er für einen Wohnsitz in Neuseeland in Frage käme, wenn er seine Investition in das Startup erhöhen würde. Neuseeland bietet drei Jahre lang ein Investorenvisum für etwa 6 Millionen Dollar an.

(Bloomberg)