Täglich erhöht sich die Zahl der Coronavirus-Fälle in China. Am Mittwoch vermeldete die chinesische Regierung, dass nun bereits 4500 erkrankt sind und die Zahl der Todesfälle neu bei 106 zu liegen kommt. Auch weltweit steigt die Zahl der Patienten. Rund 60 Nachweise sind von ausserhalb China vorhanden. Was bedeutet diese Entwicklung für die Aktienmärkte?

Laut einer Studie der amerikanischen Bank J. P. Morgan bietet der Ausbruch des Coronavirus eine gute Möglichkeit, Aktien zu kaufen. Die Analysten kommen zu dieser positiven Sichtweise, da ähnliche Ausbrüche wie bei Sars, der Schweinegrippe, Ebola oder Zika in der Vergangenheit den lokalen Aktienmarkt nicht zum Entgleisen brachten.

Diese Nachricht ist sicherlich eine Beruhigungspille für manchen Anleger auf der ganzen Welt, nachdem am Montag die Börsen weltweit deutlich ins Minus gefallen waren. Der breite S&P 500 Index alleine schloss am Montag 1,6 Prozent tiefer. So schreiben die Analysten von J. P. Morgan in ihrem Bericht: "Je grösser der Fall an der Börse bei Pandemieausbruch, desto grösser die Erholung danach." Innerhalb von Wochen habe es jeweils die Möglichkeit gegeben, wieder Aktien zuzukaufen.

So stand der S&P 500 gegenüber dem Beginn des Sars-Ausbruchs im April 2003 nach sechs Monaten 14,6 Prozent und nach zwölf Monaten 20,8 Prozent höher. Auch die Schweinegrippe im April 2009 konnte den Aufwärtstrend der Aktien nicht stoppen. So stand der S&P 500 nach sechs Monaten schon 18,7 und nach zwölf Monaten 36 Prozent im Plus. Auch bei anderen Ausbrüchen von Krankheiten reagierten die Märkte nach einer gewissen Zeit wieder positiv. 

Kursentwicklung des MSCI World Index (Quelle: www.marketwatch.com).

Es gibt aber auch warnende Stimmen. So meint Seema Shah, Chefstrategin beim Vermögensverwalter Principal Global Investors, dass "die Geschwindigkeit, mit der grosse Risiken and 'black swan'-Ereignisse Börsenkurse beeinflussen können, gegenüber vor 10 Jahren stark zugenommen hat", wird Shah bei Marketwatch.com zitiert. Drei Gründe führt sie an: Erstens ist der Nachrichtenzyklus stärker durch die sozialen Medien getrieben. Zweitens hat die Vernetzung der globalen Lieferkette zugenommen. Drittens ist der Aktienmarkt heute relativ teuer.

David Kotok, Chefanleger beim Vermögensverwalter Cumberland Advisors, sieht die Lage ebenfalls kritisch. "Nicht nur externe Schocks können ökonomische Trends und das Marktsentiment abrupt verändern. Nicht alle Risiken sind von wirtschafts- oder währungspolitischer Natur."

Ausbreitungsgefahr wegen chinesischem Neujahresfest

Obwohl historisch gesehen die Reaktion der Wall Street auf Virusausbrüche von kurzer Dauer war, ist Vorsicht angebracht. So ereignet sich der momentane Ausbruch des Coronavirus genau während des chinesischen Neujahresfestes. In dieser Zeit wird in Asien am meisten gereist und am meisten für Konsumgüter ausgegeben. Das findet nun deutlich weniger statt.

Genau diesen Umstand streicht Jeffrey Kleintop heraus, globaler Chefanleger beim Finanzmakler Charles Schwab: "Es gibt die Sorge, dass sich das Coronavirus schnell innerhalb und über China hinaus verbreitet." Die Inkubationszeit des Virus beträgt nach neusten Informationen ungefähr 14 Tage. Positiv ist einzig, dass die Ansteckungsgefahr vor dem Entwickeln der Symptome wenig wahrscheinlich ist.

Der Virusausbruch kommt ausserdem zu einem sehr unglücklichen Zeitpunkt für Chinas Wirtschaft. So verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum im letzten Jahr auf 6,1 Prozent. Dies ist die niedrigste berichtete Nummer seit drei Jahrzehnten. In diesem Kontext ist die Abriegelung von 16 Städten und die Bewegungseinschränkung für 46 Millionen Menschen möglicherweise ein zusätzlicher Dämpfer.

 

ManuelBoeck
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