In Deutschland startet noch in diesem Monat erstmals eine klinische Studie für einen Corona-Impfstoff. Das Paul-Ehrlich-Institut genehmigte am Mittwoch die Prüfung des Impfstoffprogramms des Mainzer Biotechunternehmens Biontech zur Vorbeugung einer Covid-19-Infektion. "Das ist genau die Art von Produkt, die wir zur Bekämpfung der Pandemie künftig brauchen werden", sagte der Präsident des Instituts, Klaus Cichutek. Eine Zulassung könne aber erst bei ausreichend positiven Studiendaten zur Sicherheit und Wirksamkeit erfolgen.

Mit dem grünen Licht des für die Genehmigung zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts könnten die Tests schneller eingeleitet werden als erwartet, sagte Biontech-Vorstandschef und Mitbegründer Ugur Sahin. Es gehe um vier Impfstoffkandidaten. Sie sollen an rund 200 gesunden Freiwilligen im Alter zwischen 18 und 55 Jahren erprobt werden. Biontech arbeitet mit dem US-Pharmakonzern Pfizer weltweit bei der Entwicklung des Impfstoffes zusammen ausser in China. Dort kooperiert das Biotechunternehmen mit dem chinesischen Arzneimittelhersteller Fosun.

An der Börse kam die Genehmigung in Deutschland gut an. Während im Dow die Pfizer-Aktien marktkonform um 1,9 Prozent zulegten, gewannen die an der Nasdaq notierten Biontech-Titel knapp 30 Prozent.

Monate, bis ein Mittel verfügbar ist

Instituts-Präsident Cichutek wollte sich nicht dazu äussern, wann der Impfstoff möglicherweise auf den Markt kommen könnte. "Wir wollen nichts versprechen, was wir hinterher nicht einhalten können." Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sprach in Berlin von einem "guten Signal". Es werde allerdings "noch Monate dauern", bis ein Mittel zur Verfügung stehe.

Weltweit befinden sich Pharmaunternehmen und Forschungsinstitute in einem Wettlauf zur Entwicklung eines Impfstoffes gegen das neuartige Coronavirus. Wegen der Pandemie wurde das öffentliche Leben weltweit massiv eingeschränkt, um die Verbreitung des Virus zu verlangsamen. Nach Angaben von Experten ist eine Rückkehr zur Normalität erst mit einem Impfstoff möglich. Sie schätzen, dass es zwischen zwölf und 18 Monate dauern dürfte, bis es einen solchen gibt. Der Vorstandschef des Schweizer Pharmariesen Roche, Severin Schwan, bezeichnete diesen Zeitrahmen angesichts der Herausforderungen am Mittwoch sogar als "ehrgeizig". Das wahrscheinlichste Szenario sei leider, dass vor Ende kommenden Jahres kein Impfstoff verfügbar sein dürfte.

Schnellere Produktion möglich

Einige Projekte werden bereits an Menschen getestet. Den Startschuss gab das US-Biotechunternehmen Moderna, das mit seiner klinischen Studie Mitte März begann. Moderna hat sich wie Biontech oder auch die Tübinger CureVac - die ebenfalls an einem Covid-19-Impfstoff forscht - auf Impfstoffe auf Basis der so genannten Boten-RNA (mRNA) spezialisiert. Sie soll den menschlichen Zellen die Information zur Produktion von Proteinen und damit zur Bekämpfung der Krankheitserreger vermitteln. Ein Impfstoff auf dieser Basis kann möglicherweise schneller entwickelt und hergestellt werden als herkömmliche.

Biontech-Chef Sahin sagte, das Unternehmen und sein Partner Pfizer erwarteten in Kürze auch die behördlichen Genehmigung für den Start ihrer klinischen Studien in den USA. Aus anfangs über 20 Impfstoffkandidaten hätten sich vier herauskristallisiert, die in Tierversuchen besonders gute Resultate zeigten, und nun am Menschen getestet werden sollen. Erste Ergebnis aus der nun in Deutschland startenden Phase seien in drei bis fünf Monaten zu erwarten, danach werde über das weitere Vorgehen entschieden.

Biontech hatte bereits angekündigt, dass sein Coronavirus-Impfstoffprogramm im April in die klinische Erprobung am Menschen gebracht werden soll.

(Reuters)