Die Vorbehalte gegenüber der Credit Suisse (CS) sind in Finanzkreisen gross. "Wir investieren nicht in die Credit Suisse, denn wir verfolgen einen nachhaltigen Investitionsansatz. Und da gehört die CS nicht dazu", sagt ein Schweizer Fondsmanager zu cash. Und er sagt dies nicht einmal mit einem Anflug von Ironie.

Die Zahlen sprechen für sich: Der Kurs der CS-Aktie hat sich in den letzten sechs Monaten halbiert. Allein seit dem 4. Februar, als die CS für das Schlussquartal 2015 einen Vorsteuer-Verlust von 6,4 Milliarden Franken bekannt gab, ist der Kurs um 10 Prozent gefallen. Zwischenzeitlich standen die Titel auf einem absoluten Rekordtief von 12,23 Franken.

Die Analysten unterbieten sich derzeit mit Kursziel-Reduktionen. Am Freitag veröffentlichte die Privatbank Berenberg einen neuen Tiefstwert. Sie rechnet bei der CS-Aktie mit einem Fall auf 10 Franken. Der Berenberg-Kommentar sorgt auch deshalb für Aufsehen, weil der entsprechende Analyst schon vor drei Jahren eine Verkaufsempfehlung und ein Kursziel von 13 Franken für die CS aussprach – notabene zu einem Zeitpunkt als der Titel noch bei 20 Franken stand.

Die Schuldigen sind gefunden: "Der Verwaltungsrat der CS hat in meinen Augen versagt. Ohne personelle Veränderungen auf dieser Ebene ist die Aktie für mich kein Investment", sagt ein weiterer Profi-Investor von Schweizer Aktien, der seinen Namen nicht in den Medien lesen möchte.

Thiam hat noch Schonfrist

Konzernchef Tidjane Thiam legte in seinen Statements zum Jahresabschluss den Finger in die Wunde: Der seit Mitte 2015 amtierende Konzernchef verwies darauf, dass im Investmentbanking über Jahre einiges schief gelaufen war.

Doch nach wenigen Monaten auf dem Chefsessel ist Thiam vor allzu grosser Kritik noch gefeit. Vielmehr stellen sich Fragen an den Verwaltungsrat und dessen Präsidenten Urs Rohner. Auf deren Konto geht erst mal der Umgang mit dem US-Steuersproblem: Das Debakel der UBS mit US-Steuersündern war seit 2009 bekannt, doch bei der CS glaubte man noch bis kurz vor der 2,6-Milliarden-Dollar-Busse im Mai 2014, das Problem irgendwie hinter den Kulissen lösen zu können. In den Hearings vor dem US-Senat, die dem Schuldspruch vorausgingen, machten die CS-Chefs keine allzu gute Figur.

Lange hatte VR-Präsident Rohner auch dementiert, dass die CS eine Kapitalerhöhung brauche. Im November mussten dann die Aktionäre ein Programm absegnen, das der Bank gut 6 Milliarden Franken einbringt. 

Daher steigt die Kritik am Verwaltungsrat: Das Gremium muss sich mittlerweile auch vorwerfen lassen, allzu lange am ehemaligen CEO Brady Dougan und dessen Strategie einer starken Investmentbank festgehalten zu haben. Nun ist der Nachholbedarf punkto Restrukturierung umso grösser.

Vor 2018 wird es für die CS schwer, auf einen gewissen Weg der Normalität zurückzufinden. Stellenabbau und die "cost to achieve", also die Kosten für den Aufbau profitablerer Einheiten, gehen in die Milliarden. Und das Risiko von Rechtsfällen ist bei einer global tätigen Bank nie weg: "Man muss damit rechnen, dass dies die CS im Jahr eine halbe Milliarde kostet", sagt ein anderer Fondsmanager zu cash. 

Erfolgsmodell Schweizer Bank

Verschiedene Experten sind der Meinung, dass Grossbanken über die Jahre zu komplex geworden sind. Kaum jemand verstehe diese Gebilde noch. Eine Aufteilung des Instituts macht deshalb Sinn. Diesen Plan verfolgt auch die CS. Ihr Schweizer Geschäft soll bis Ende 2017 ausgegliedert und als selbstständige Bank an die Börse gehen. Da die Schweizer Sparte mit einem Vorsteuergewinn von 1,7 Milliarden Franken bereits im letzten Geschäftsjahr die erfolgreichste aller CS-Sparten war, könnte die Zukunft durchaus so aussehen: zurück zur Schweizerischen Kreditanstalt.

Solange die Grossinvestoren den Verwaltungsratspräsident Rohner und dessen nähere Entourage unterstützen, bleiben diese im Amt. Einflussreich sind der Staatsfonds aus Qatar und die saudi-arabische Olayan Group, die zusammen rund 10 Prozent der CS besitzen, und über Wandelrechte zusammen über 20 Prozent.