Allen Unkenrufen zum Trotz hat sich die ultralockere Zins- und Geldpolitik in Europa bislang nicht in der Entwicklung der Konsumentenpreise niedergeschlagen. Ganz im Gegenteil: Im Euroraum ist die Teuerung im August sogar auf 0,3 Prozent und damit auf den tiefsten Stand seit fünf Jahren gefallen. Auch bisher nur provisorische Zahlen vorliegen, dürften diese bei den Vertretern der Europäischen Zentralbank (EZB) am vergangenen Donnerstag für rote Köpfe gesorgt haben.

Für die Volkswirtschaftsexperten der Credit Suisse steht fest, dass die Würfel für eine quantitative geldpolitische Lockerung längst gefallen sind. Sie rechnen noch vor Jahresende mit einem Rückkaufprogramm für europäische Staatsanleihen und verbriefte Hypothekarkredite nach amerikanischem Vorbild. Die EZB werde diesbezüglich vermutlich schon diesen Donnerstag erste Anhaltspunkte liefern, so heisst es in einem Kommentar.

Ideen zur Umsetzung dieses Anlagethemas

Die für die Grossbank tätigen Volkswirtschaftsexperten beziffern die Grössenordnung des Rückkaufprogramms auf 1‘000 Milliarden Euro über eine geschätzte Laufzeit von einem Jahr. Dies entspricht rund 10 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung des Euroraums.

Ihre für die Aktienstrategieabteilung tätigen Berufskollegen gehen davon aus, dass die EZB mit ihrer quantitativen geldpolitischen Lockerung für die US-Notenbank in die Lücke springen wird. Dadurch bleibe das Liquiditätsumfeld weltweit extrem günstig für Aktien.

In einem Kommentar nennen die Experten nicht weniger als fünf Ideen, wie sich ein europäisches Anleihenrückkaufprogramm für Anleger zu Geld machen lässt:

Gewinner eines schwächeren Euros: Eine handelsgewichtet noch einmal deutlich schwächere Heimwährung helfe europäischen Unternehmen mit einem hohen Ergebnisbeitrag wie Fresenius Medical Care, Arcadis, Publicis, SAP und den Pharmaherstellern. Zu den Gewinnern werden auch Atlas Copco und die Luxusgüterindustrie gezählt.

Aktien aus den europäischen Peripherieländern: In Erwartung einer wirtschaftlichen Belebung und rückläufigen Risikoaufschlägen setzen die Experten auf Aktien aus Peripherieländern wie Spanien oder Italien. Als Gewinner werden Titel von Firmen wie Intesa, Smurfitt und Iberdrola genannt.

Deutsche Immobilienaktien: Europa werde erst auf den Wachstumspfad zurückfinden, wenn die Teuerung im Schlüsselland Deutschland auf 2 Prozent steige. Den Experten zufolge haben deutsche Immobilien erst rund einen Drittel des nach der Wiedervereinigung erlittenen Preiszerfalls wieder wettgemacht. Obschon solche Beteiligungsgesellschaften von der Credit Suisse nicht offiziell mitverfolgt werden, nennt die Grossbank Deutsche Euroshop und Grand City Properties als Möglichkeit, einen weiteren Anstieg der Immobilienpreise zu spielen.

Europäische Bankaktien: Ein Anleihenrückkaufprogramm drücke auf die Finanzierungskosten europäischer Banken, so die Experten. Gleichzeitig würden die Bankaktien seit je her eine hohe Korrelation zur Entwicklung an den Aktienmärkten und bei den Risikoaufschlägen aufweisen. Insbesondere der französische und der italienische Bankensektor werden als günstig bezeichnet.

Konjunkturabhängige Aktien: Dieses Marktsegment habe in den letzten Wochen und Monaten unter Druck gestanden und verfüge über Raum für eine Erholung. Die Experten setzen bei den konjunkturabhängigen Aktien auf die von Adecco sowie auf jene der Automobilhersteller.