Die Warenhaus-Gruppe Loeb kehrt der Schweizer Börse per Ende September den Rücken, genauso wie das Öl-Unternehmen Alpha Petrovision. Es sind dies die Unternehmen Nummer 11 und 12, die sich in diesem Jahr von der Schweizer Börse zurückgezogen haben, wie Angaben von SIX zeigen. Das sind deutlich mehr Abwanderungen als im letzten Jahr, als sich sechs Aktiengesellschaften verabschiedeten.

Nicht bei allen betroffenen Firmen waren dieselben Gründe ausschlaggebend. Doch in den meisten Fällen standen finanzielle Aspekte im Vordergrund. Steigende Kosten aufgrund eines hohen administrativen Aufwands im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung der Kotierung werden vielerorts als Hauptgrund genannt.

So auch beim Berner Traditionsunternehmen Loeb. 200'000 Franken pro Jahr kostete die Börsenkotierung zuletzt, wie Loeb-Sprecherin Nicole Studer auf Anfrage von cash sagt. Das ist relativ viel bei einem Betriebsergebnis von 5,6 Millionen Franken. Ebenfalls in einem Missverhältnis standen die Zahlen bei Alpha Petrovision. Den Einnahmen von 6 Millionen Franken stand zuletzt mehr als eine Million an Kosten gegenüber, wie aus einer Mitteilung an die SIX hervorgeht. In solchen Fällen wiegen auch die oft genannten Vorteile einer Börsenkotierung – erhöhter Bekanntheitsgrad, vereinfachte Aufnahme von Eigenkapital – die hohen Kosten nicht auf.

Aktionäre bleiben aussen vor

Auslöser des erhöhten administrativen Aufwands sind gesetzliche Bestimmungen. Wegen der Minder-Initiative, die seit Anfang Jahr in Kraft ist, haben die Vorschriften und Regulierungen noch zugenommen. Seither müssen börsenkotierte Firmen beispielsweise jährlich den Verwaltungsrat wählen. "Das bedeutet, dass für verschiedene kotierte Firmen der administrative Aufwand zu gross ist", sagt Thomas Brunner, der bei Lienhardt & Partner Privatbank für den ausserbörslichen Handel zuständig ist.

Für Anleger hat das Konsequenzen. Denn Firmen, die in den ausserbörslichen Handel wechseln, verlieren tendenziell an Aufmerksamkeit und Liquidität – ohne, dass die Aktionäre mitbestimmen können. Für Philipp Leu, CEO der unabhängigen Ratingagentur Inrate, sind Dekotierungen deshalb "ein ernstes Problem". Derzeit könne der Verwaltungsrat eines Unternehmens alleine entscheiden, ob eine Dekotierung durchgeführt werde oder nicht. "Die Aktionäre sind davon direkt betroffen, können aber nicht mitentscheiden", so Leu zu cash.

Zudem sei es ein Fehlglaube, ein "Going Private" sei nur mit einem Übernahmeangebot an die Aktionäre möglich. "In Wahrheit kann eine Gesellschaft innert einer von der Börse festzulegenden Frist einfach in den OTC-Handel wechseln", sagt Leu. Damit erlöschen auch die von der Minder-Initiative auferlegten Vorschriften. Inrate fordert deshalb, dass Dekotierungen in Zukunft von der Generalversammlung abgesegnet werden müssen.

Dekotierung kann auch positiv sein

Ein Wechsel in den ausserbörslichen Aktienhandel muss aber nicht nur schlechtes bedeuten. Erstens werden viele Unternehmen, die diesen Schritt unternehmen, auch an der Schweizer Börse nicht besonders rege gehandelt, wie das Beispiel von Bondpartners jüngst zeigte. Zweitens gibt es auch positive Beispiele. Ein solches nennt OTC-Experte Brunner mit den Lenzerheider Bergbahnen. Die Aktie ist seit ihrer Dekotierung von 16 auf 24 Franken gestiegen.

Der Stromversorger CKW, der seinen letzten Handelstag am 30. Januar 2015 erlebte, verwies in seiner Begründung neben den Kosten noch auf zwei weitere Aspekte: geringer Streubesitz und kleines Handelsvolumen. Eine Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) kam unlängst zum Schluss, dass es Aktien mit einem Free Float von weniger als 150 Millionen Franken schwer haben, über den Kapitalmarkt Geld zu beschaffen. Und wenn das der Fall ist, lohne sich die Börsenkotierung für viele Small und Mid Caps nicht. Mögliche Ausstiegskandidaten zeichneten sich zudem durch einen tiefen Gewinn und einen grossen Hauptaktionär aus.

Laut den Studienresultaten sind unter anderem folgende Schweizer Aktien Kandidaten für Dekotierung: Accu Holding, Datacolor, Perrot Duval, Intersport, Perfect Holding.