Der Schweizer Franken und die schwedische Krone - das sind Währungen des ersten Halbjahres 2025. Zuerst zum Franken: Gegenüber den G10-Währungen US-Dollar (+14,6 Prozent), kanadischer Dollar (+8,4 Prozent), australischer Dollar (+7,8 Prozent), neuseeländischer Dollar (+5,1 Prozent) und japanischem Yen (+4,6 Prozent) wertete sich die hiesige Valuta überdurchschnittlich auf. Zudem notieren diese fünf Währungen zum Franken auf neuen Allzeittiefs. 

Der Franken wurde in ersten Jahreshälfte von Investoren wegen der Unsicherheiten um die US-Zollpolitik sowie den geopolitischen Verwerfungen im Mittleren Osten als sicherer Hafen nachgefragt. Zum Euro resultierte für die Schweizer Valuta ein Kursplus von 0,7 Prozent. Einzig gegenüber der schwedischen Krone kam es zu einem Rückgang von 2 Prozent. Die schwedische Devise - und bis zu einem gewissen Grad auch der Euro - profitieren seit Anfang März von der Lancierung des deutschen Rüstungs- und Infrastrukturprogramms im Umfang über rund eine Billion Euro. 

Die Avancen der skandinavischen Währung kommen nicht überraschend. Schweden beheimatet wichtige Rüstungsgüterhersteller und verfügt über Bodenschätze, die geostrategisch immer wichtiger werden. Zum Beispiel ist Schweden einer der grössten Eisenerzlieferanten in Europa und verfügt über etwa 90 Prozent der europäischen Eisenerzreserven respektive 5 Prozent der globalen Reserven.

Schweizer Franken in guter Ausgangslage

Bei der schwedischen Krone ist jedoch nicht alles Gold, was glänzt - und das könnte negativ auf den Euro abfärben. Michael Sarve, Leiter Aktienstrategie & Quant bei Nordea, weist auf den jüngst schwachen schwedischen Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe hin. Dieser war in der Vergangenheit ein Warnsignal für die Eurozone. Der Nordea-Experte stellt entsprechend die Frage, ob es in den kommenden Monaten einen unerwarteten Rückgang des Einkaufsmanagerindex für die Eurozone geben wird.

Tritt dieses Szenario ein, so dürfte der Euro gegenüber dem Franken nach einer stabilen Phase wieder nachgeben. Auf dieses Risikoszenario weisen auch die Währungsexperten der UBS vor dem US-Zollkonflikt hin. Sollten die Zölle zu weiteren Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB) und Zuflüssen in den Schweizer Franken führen, könnte der Euro zum Franken unter das Allzeittief von 0,92 Franken fallen.

Auf der anderen Seite könnte eine Lösung des Handelskriegs risikoreichen Anlagen wieder Leben einhauchen und das Währungspaar an das obere Ende der jüngsten Handelsspanne heben. Mittelfristig sieht die UBS im Basisszenario den Euro zum Franken bei 0,95 Franken notieren.

Auch wenn die Einheitswährung zum Franken kurzfristig abgestützt scheint, dürfte die Talfahrt in den nächsten Jahren weitergehen. Nikolay Markov, Ökonom bei Pictet Asset Management, sieht handelsgewichtet den Euro zum Franken über die nächsten vier Jahre sogar auf 0,84 Franken fallen. Der handelsgewichtete oder effektive Wechselkurs ist der Wert der Währung eines Landes gegenüber der Währung eines Handelspartners. Er wird aus den Wechselkursen mit den Handelspartnern berechnet, wobei die Gewichte von der jeweiligen Handelsaktivität abhängen.

Gemäss Markov von Pictet dürfte auch der amerikanische Dollar, welcher ein rabenschwarzes erstes Halbjahr eingezogen hatte, über die nächsten Jahre zum Franken weiter nachgeben. Handelsgewichtet liegt das Kursziel bei 0,68 Franken Ende 2029. Devisenstratege Claudio Wewel von J. Safra Sarasin sieht den Dollar zum Franken Ende 2026 bei 0,73 Franken. 

Noch beunruhigender ist die Einschätzung von George Saravelos, Leiter Währungsresearch bei der Deutschen Bank (DB). Er beziffert das Verhältnis des BIP zu den Nettoinvestitionen in den USA auf minus 95 Prozent gegenüber dem historischen Normwert von minus 60 Prozent. Um dieses Niveau zu erreichen, müsste der Dollar gegenüber dem aktuellen Niveau um weitere 30 bis 35 Prozent schwächer werden.

Bemerkenswerterweise entspricht dies genau den Schätzungen, wie stark der Dollar abgeschwächt werden muss, um das Leistungsbilanzdefizit wieder auszugleichen, so der Experte der Deutschen Bank. «Diese Zahlen sind zwar extrem, aber genau darum geht es: Sie verdeutlichen, wie gravierend das aktuelle US-Finanzierungsproblem ist». Auf den Franken gemünzt ergäbe dies bei einer Abwertung von 35 Prozent einen Kurs von rund 0,52 Franken pro Dollar. 

SNB sind die Hände gebunden

Ein weiterer Grund für die Dollarschwäche ist beim US-Finanzministerium zu finden. Das US-Finanzministerium hat die Schweiz zusammen mit acht weiteren Ländern auf eine «Überwachungsliste» für Währungspraktiken gesetzt. Diese Länder werden nun verstärkt beobachtet. Die Devisenstrategen sind sich deshalb einig, dass den hiesigen Währungshütern bei Deviseninterventionen im Dollar die Hände gebunden sind. 

Gerade die schnelle Abwertung des Dollars stellt in diesem Zusammenhang für die SNB ein Problem dar. Zur Erinnerung: Als der Dollar zum Franken 2010 innerhalb von 18 Monaten 35 Prozent auf 0,7070 Franken verlor, hatte die SNB gegenüber dem ebenfalls schwachen Euro eine Kursuntergrenze von 1,20 Franken eingeführt. Im Zuge dessen hatte der Dollar dann innerhalb von einem Jahr 60 Prozent des Verlusts wettgemacht und stand wieder nahe an der Parität. Diesen Spielraum zur Invention am Devisenmarkt hat die SNB derzeit nicht. Das hängt auch mit der nach wie vor hohen Bilanzsumme der SNB zusammen.  

Short-Positionen auf Dollar/Franken können Rally auslösen

Da Hedgefonds und Spekulanten rekordhohe Short-Positionen auf dem Währungspaar Dollar/Franken ausstehend haben, kann es trotz der langfristig wenig erbaulichen Perspektiven für die US-Valuta trotzdem zu einer unerwarteten Erholungsrally kommen. Nehmen die geopolitischen Unsicherheiten ab und werden Zolldeals zügig abgeschlossen, dürften diese Shortpositionen eingedeckt werden.

Solche Kursrallys aus Dollar-Verkaufspositionen können den Dollar um 20 oder mehr Prozent nach oben treiben. Dies kam in der Vergangenheit immer wieder vor - so in den Jahren 2004, 2008, 2011, 2014 und 2021.

Das ändert nichts an der langjährigen Abwertungstendenz der US-Valuta. Seit der Jahrtausendwende ist der Greenback zur Schweizer Valuta um 55 Prozent gefallen - 22 Prozent des Rückgangs entfallen auf die Zeit nach der Covid-Krise 2020. Die Schuldenquote zeigt warum: Diese lag Ende 2024 in den USA bei 121 Prozent - gegenüber 57 Prozent im Jahr 2000. In der Schweiz liegt diese dagegen nur bei 38 Prozent und ist seit Jahren auf tiefem Niveau stabil. 

Thomas Daniel Marti
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