Nach 20 Jahren Boom am Schweizer Immobilienmarkt könnte es bald zu einer Trendwende kommen. Das die Prognose der Immobilienexperten von IAZI. "Wir stellen fest, dass die Leerstände stark steigen, die Nachfrage zurückgeht und die Mieten sogar sinken. Es findet bereits eine gewisse Korrektur statt", sagt IAZI-CEO Donato Scognamiglio im cash-Video-Interview.

Sichtbar ist das zum Beispiel im Segment der Eigentumswohnungen. In 25 Prozent der Schweizer Regionen sei es in den letzten zwölf Monaten zu Preiskorrekturen gekommen, teilweise in der Höhe von 5 Prozent, so Scognamiglio weiter. Beispiele sind die Regionen Mittelbünden, Sion oder Erlach-Seeland. Die Nachfrage nach Einfamilienhäusern ist weiterhin rege und auch Renditeliegenschaften bleiben noch begehrt. In diesen beiden Segmenten erwartet IAZI im laufenden Jahr Preissteigerungen von 2,6 respektive 3,8 Prozent. "Aber auch hier sind die Risiken aufgrund höherer Leerstände und tieferer Mieten gestiegen", sagt Scognamiglio.

Mit Blick auf die kommenden Jahre sieht der Immobilienexperte deshalb deutlich ungemütlichere Zeiten aufkommen. Im Segment der Renditeliegenschaften erwartet er ab 2021 das Ende des aktuellen Zyklus und eine Preiskorrektur, wie die folgende Grafik zeigt. Die Trendwende könnte durch steigende Zinsen, weiter ungebremste Bautätigkeit und abnehmende Zuwanderung ausgelöst werden, so Scognamiglio am Dienstag vor den Medien. Kommt in dieser Zeit eine Zinserhöhung hinzu, dürfte der Markt noch mehr betroffen sein.

Quelle: IAZI

Laut dem Bundesamt für Statistik standen in der Schweiz zuletzt etwas mehr als 72'000 Wohnungen leer, was einer Leerwohnungsziffer von 1,6 Prozent entspricht. Besonders hoch sind die Leerstände in den Kantonen Solothurn und Aargau. Als Ortschaft mit der höchsten Leerwohnungsziffer erlangte jedoch die Berner Gemeinde Huttwil nationale Berühmtheit, wo rund 15 Prozent der Wohnungen leer stehen. Die Berechnungen von IAZI ergeben gar noch höhere Werte: Sie kommen mit einem eigenen Rechenmodell schweizweit auf 3,8 Prozent. Dabei werden Einfamilienhäuser nicht berücksichtigt.

Die Korrektur bei Renditeliegenschaften werde dazu führen, dass sich der Markt normalisiere, einen Crash erwartet er aber nicht, sagt Scognamiglio im cash-Video-Interview. Ungemütlich könnte es für jene Käufer werden, die soeben eine teure Liegenschaft gekauft hätten: "Für die Mehrheit des Immobilienmarktes ist eine Korrektur nach 20 Jahren bolzen in eine Richtung nicht schlecht".

Über 2000 Milliarden investiert

In den letzten zwei Jahrzehnten lief der Schweizer Immobilienmarkt auf Hochtouren. In einzelnen Regionen konnten Investoren ihren Einsatz locker vervielfachen. So sind die Preise für Einfamilienhäuser zum Beispiel in Genf um 207 Prozent gestiegen, wie IAZI-Berechnungen zeigen. In Zürich haben sich die Preise seit 1998 immerhin um 148 Prozent nach oben entwickelt und im schweizerischen Durchschnitt um 83 Prozent.

Dieser Boom habe dazu geführt, dass derzeit in der gesamten Schweiz mehr 2030 Milliarden Franken in Stockwerkeigentum, Einfamilienhäuser oder Mietwohnungen investiert seien, sagte IAZI-CEO Donato Scognamiglio am Dienstagmorgen vor den Medien. Die rege Bautätigkeit aufgrund der Tiefzinsphase hat sich allerdings komplett vom Wirtschaftswachstum abgekoppelt. Denn das Schweizer Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ist seit Ausbruch der Finanzkrise um 6 Prozent gestiegen – weniger als in Deutschland (+17 Prozent) oder in der Euro-Zone (+10 Prozent).

Wer nun trotzdem noch ein Eigenheim kaufen will und kann, muss auf jeden Fall weg von den urbanen Zentren und sich in Richtung Nebenregionen orientieren. Nur dort sind die Preise noch zahlbar, weil in der Vergangenheit in den ländlichen Regionen viel gebaut wurde. Aber, so Scognamiglios Rat: "Machen Sie den Eigenheimkauf nicht von Quartalszahlen abhängig".

(mit Material von AWP)

Im cash-Video-Interview sagt Donato Scognamiglio zudem, was beim Hauskauf zu beachten ist und was er von den alternativen Hypothekenanbietern hält.