Rund 1'579'300 Stimmende legten nach Angaben der Kantone und des Bundesamts für Statistik am Sonntag ein Ja in die Urnen über eine neue Sondersteuer für selbstbewohnte Zweitliegenschaften, und gegen 1'156'600 ein Nein. Das ergab einen Ja-Anteil von 57,7 Prozent. Damit ist der Weg frei zur Abschaffung des Eigenmietwerts. Die Experten in einer ersten Stellungnahme: 

Claudio Saputelli, Ökonom UBS Chief Investment Office: 

«Mit klarer Mehrheit hat sich das Volk für die Abschaffung des Eigenmietwerts sowie einen grossen Teil der damit verbundenen Abzüge ausgesprochen. Gleichzeitig erhalten die Kantone die Kompetenz, eine Objektsteuer auf Zweitliegenschaften einzuführen. • Der Systemwechsel dürfte kurzfristig einen Boom bei Sanierungen auslösen, mittelfristig die Preisentwicklung leicht stützen und langfristig den Anstieg der Hypothekarverschuldung bremsen.

Von der Abschaffung des Eigenmietwerts profitieren insbesondere Eigentümer von Objekten mit niedrigen Belehnungsquoten sowie Ersterwerber. Eigentümer sanierungsbedürftiger Altbauten sowie vermutlich auch jene von Zweitwohnungen könnten hingegen tendenziell Nachteile erfahren.»

Ursina Kubli, Leiterin Immobilien Research Zürcher Kantonalbank: 

«Nach der Umsetzung fällt die Besteuerung des Eigenmietwerts auf alle selbstgenutzten Liegenschaften weg. Im Gegenzug entfallen auch die mit diesen Liegenschaften verbundenen Unterhalts- und Schuldzinsabzüge. Um den Eigenheimkauf etwas leichter zu machen, gilt hierfür eine Ausnahme: Bis zu zehn Jahre nach dem Erwerb können Schuldzinsen im Umfang von maximal 10’000 Franken Ehepaare und 5’000 Franken für Alleinstehende in Abzug gebracht werden. Der Abzug nimmt über zehn Jahre linear um jährlich zehn Prozent ab. 

Wenn in naher Zukunft Renovationen oder andere Unterhaltsarbeiten an der Liegenschaft anstehen, könnte es sinnvoll sein, diese vorzuziehen. Bei Stockwerkeigentum könnte zusätzlich eine temporäre Erhöhung der Beiträge in den Erneuerungsfonds prüfenswert sein.»

Thomas Walter, CEO des Migros-Bank-Immobilienpartners CSL Immobilien

«Nicht auszuschliessen ist, dass dies einen moderaten Preisschub bei den Immobilien bewirkt. Denn die gleichzeitige Beibehaltung des Zinsabzugs und Abschaffung des Eigenmietwerts machen den Immobilienkauf für Ersterwerber noch interessanter – und könnten die Preise für Wohneigentum anheizen.

Der Systemwechsel ist für all jene Wohneigentümer nachteilig, deren Liegenschaft einen hohen Renovationsbedarf aufweist. Unterhaltskosten sind nämlich künftig nicht mehr abzugsfähig . Das soll auch für energetische Sanierungsmassnahmen gelten – zumindest bei den Bundessteuern. Bei den kantonalen Steuern soll es dagegen weiterhin die Möglichkeit für Abzüge geben. Diese Veränderung legt nahe, mehrjährige Renovations- und Umbauarbeiten allenfalls vorzuziehen, um möglichst noch von den aktuellen, vollen Abzugsmöglichkeiten zu profitieren»

Thomas Daniel Marti
Thomas MartiMehr erfahren