Die USA hatten ihr vorgeworfen, in Geldwäsche von Kunden aus dem Nachbarland Russland und der Ukraine verwickelt zu sein. Kritiker sehen die Probleme nur als Spitze des Eisbergs. Undurchsichtige Geschäfte gepaart mit einer offenbar laschen staatlichen Kontrolle haben Lettland den zweifelhaften Ruf eingebracht, ein Einfallstor in der EU für Schwarzgeld aus dem Ausland zu sein.

Ein Blick auf die staatliche Statistik erhärtet den Verdacht gegen die frühere Sowjetrepublik, die 1991 unabhängig wurde und 2004 der Europäischen Union beitrat. Nur rund ein Prozent der als verdächtig eingeschätzten Transaktionen lösten Ermittlungen der Behörden aus. Zum Vergleich: In der EU ging die Polizei rund zehn Prozent aller Verdachtsfälle nach. In der Schweiz waren es sogar 60 Prozent.

"Wir haben hier in Lettland zwar die besten Gesetze. Doch das Problem ist die mangelnde Durchsetzung", konstatiert Ex-Justizminister Janis Bordans. Der langjährige Chef der Anti-Geldwäsche-Behörde, Viesturs Burkans, kann ein Lied davon singen. Er hat nur 33 Mitarbeiter, von denen manche nur 800 Euro im Monat verdienen: "Die Zahl der verurteilten Personen ist entsprechend niedrig - so an die zehn pro Jahr."

Viele Banken machen es den Ermittlern auch nicht leicht, da sie Einlagen ausländischer Kunden annehmen, ohne deren wahre Identität zu kennen. Diese verschleiern die Herkunft der Gelder oftmals, indem sie Briefkastenfirmen nutzen. "Das Geld wird dann kurze Zeit in Lettland deponiert, bevor es nach Westeuropa transferiert wird - hauptsächlich in die Schweiz", erläutert Burkans.

Umdenken nach Reputationsschaden

Auf dem Höhepunkt der Entwicklung hielten lettische Banken 2015 Einlagen ausländischer Kunden im Volumen von zwölf Milliarden Euro. Laut Bankern und Regierungsvertretern stammt ein Grossteil dieser Gelder aus Russland. Angesichts des Reputationsschadens, den Lettland im Zuge der Geldwäschevorwürfe erlitten hat, setzt in dem baltischen Land nun offenbar ein Umdenken ein. Laut einem Regierungsvertreter, der anonym bleiben will, ist eine Art Risiko-Gebühr im Gespräch. Diese soll Banken auferlegt werden, die mit Kunden Geschäfte machen, deren Identität ihnen nicht bekannt ist. Zudem werde darüber nachgedacht, leichter Bank-Lizenzen einzuziehen. Ausserdem könnten Massnahmen verschärft werden, um gegen den Abfluss von Bargeld aus Lettland vorzugehen. Laut Statistik wurden 2017 mehr als 200 Millionen Euro in Banknoten ausser Landes geschafft.

Der Chef der Antikorruptionsbehörde, Jekabs Straume, betont, das Land mache im Kampf gegen Bestechung Fortschritte. "Als Lettland seine Unabhängigkeit erlangte, war es arm und korrupt - mit Gangs und Mafia. Das gibt es so nicht mehr." Straume leitet auch Ermittlungen gegen den suspendierten Notenbankchef Ilmars Rimsevics. Dieser steht unter Korruptionsverdacht, sieht sich allerdings als Opfer einer Schmutzkampagne. "Es gibt zwar noch Korruption. Aber es wird besser. Der politische Wille zum Wandel ist da", so Straume.

(Reuters)