Im Herbst 2010 erhielt Novartis in den USA die Marktzulassung für Gilenya. Nur wenige Monate später gab auch Europa der erste Pille gegen Multiple Sklerose grünes Licht. Seither wurden weltweit mehr als 70000 Patienten mit dem Medikament behandelt.

Donnerstagnacht gelangte die US-Gesundheitsbehörde FDA allerdings mit einer Warnung an die Ärzteschaft. In Europa sei ein mit Gilenya behandelter Patient an progressiver multifokaler Leukenzephalopathie (PML), einer seltenen Infektion des Gehirns, erkrankt. Die Behörde kündigte in diesem Zusammenhang eine Untersuchung an.

Schon Ende Juli informierte Novartis die Öffentlichkeit, dass Gilenya im Verdacht unerwünschter Nebenwirkungen stehe. Das Basler Unternehmen machte damals auch kein Geheimnis daraus, dass ein Patient an PML erkrankt sei. Die Warnung der US-Gesundheitsbehörde FDA könnte die Diskussion jedoch wieder anheizen.

Bisher wurde vor allem das Konkurrenzmedikament Tysabri von Biogen Idec in Verbindung mit mehreren Fällen von PML gebracht. Allerdings bewegte sich die Anzahl erkrankter Patienten innerhalb der Toleranzgrenze der Behörden, weshalb das Präparat auch heute noch vertrieben werden darf.

Mittlerweile hat der amerikanische Rivale mit Tecfidera ein eigenes in Pillenform verabreichbares Medikament auf dem Markt. Dieses besticht vor allem durch ein vergleichsweise vorteilhaftes Nebenwirkungsprofil. Durch den Markteintritt von Tecfidera hat sich der Wettbewerb in diesem lukrativen Markt weiter verschärft.

Für Novartis kommt die wieder aufkeimende Debatte rund um unerwünschte Nebenwirkungen deshalb zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Denn alleine schon dieser eine Fall von PML führt dazu, dass es Gilenya zunehmend schwer hat, sich im direkten Wettbewerb gegenüber Tecfidera von Biogen Idec durchzusetzen. Dieser Nachteil könnte das kommerzielle Potenzial der Pille aus Sicht von Novartis durchaus schmälern.