Zugleich signalisierte er am Freitag bei seiner an den Finanzmärkten mit Spannung erwarteten Rede beim Notenbank-Forum in Jackson Hole, dass die Währungshüter dabei vorsichtig vorgehen. Sie würden das Für und Wider einer weiteren Straffung "sorgfältig" abwägen. Trotz der Serie an Zinsschritten sei die Inflation noch zu hoch. "Wir sind bereit, die Zinsen gegebenenfalls weiter anzuheben, und beabsichtigen, die Geldpolitik auf einem restriktiven Niveau zu belassen", lautete die Botschaft Powells an die Märkte.

Dieses Niveau solle solange gehalten werden, bis die Währungshüter zuversichtlich seien, dass sich die Inflation nachhaltig zur gewünschten Zielmarke von zwei Prozent bewege. "Die Aussichten für die weitere geldpolitische Entwicklung in den USA bleiben in der Schwebe", so das Fazit von LBBW-Analyst Elmar Völker.

Für die Fed bleibe die Lage extrem herausfordernd: "Ihr Chef vermeidet daher – zu Recht – jegliche klare Festlegung auf die nächsten Schritte." Im vorigen Jahr hatte Powell das vom Fed-Bezirk Kansas City ausgerichtete Symposium von Jackson Hole dazu genutzt, einen langen Kampf gegen die Inflation auszurufen.

Diesmal gab er den Finanzmärkten weniger Futter. Powell machte die schwierige geldpolitische Steuerungsaufgabe der Notenbank mit einem Bild aus der Seefahrt deutlich: "Wie so oft navigieren wir bei bewölktem Himmel nach den Sternen."

Die Finanzmärkte stocherten mit Blick auf den weiteren Zinskurs auch nach dem Auftritt Powells weiter im Nebel. Allerdings wurden die Zinsfantasien nach genauerer Prüfung der Rede etwas angeregt.

Vor dem Auftritt des Fed-Chefs waren am Geldmarkt die Chancen darauf, dass die Zinsen dieses Jahr noch steigen werden, auf 50 Prozent taxiert worden. Die Erwartungen gingen dabei in die Richtung, dass die Fed im September die Füsse stillhalten und bei Bedarf im November oder Dezember nachlegen könnte - und zwar mit einem Zinsschritt nach oben von 0,25 Prozent.

Leitzinsen bereits am Höhepunkt?

Die Rede sorgte mit Blick auf die weitere Zinsroute nicht für mehr Klarheit in den Augen der Investoren. Auch die Commerzbank-Ökonomen Bernd Weidensteiner und Christoph Balz sehen dies ähnlich: Powell habe wenig Neues zu bieten gehabt. "Ein starkes Signal für weitere Zinserhöhungen gab es nicht. Wir erwarten weiterhin, dass die Leitzinsen bereits am Höhepunkt angelangt sind."

Die Fed hat die Leitzinsen seit Anfang 2022 von nahe null auf eine Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent erhöht, um die Inflation in den Griff zu bekommen und den heiss gelaufenen Arbeitsmarkt abzukühlen. Die Arbeitslosenquote liegt allerdings auf einer historisch niedrigen Niveau von 3,5 Prozent.

Überdies hat die Konjunktur die Serie an Zinserhöhungen bislang unerwartet gut weggesteckt. Und die Inflation ist auf dem Rückmarsch, auch wenn die Verbraucherpreise im Juli mit einer Teuerungsrate von 3,2 Prozent wieder leicht über dem Juni-Wert von 3,0 Prozent lagen. Experten hatten allerdings einen etwas stärkeren Anstieg auf 3,3 Prozent erwartet.

Die Protokolle der jüngsten Fed-Sitzung vom Juli zeigen, dass sich die Währungshüter in den USA noch uneins sind über den weiteren Kurs. Die meisten sehen dabei die Inflation als Hauptrisiko, das eine weitere Straffung erfordern könnte. 

(Reuters)