In der Finanzkrise vor einigen Jahren sei die Regierung zwar auf diese Weise eingeschritten, sagte Yellen am Sonntag auf eine entsprechende Frage in einem Interview mit dem Fernsehsender CBS. Sie betonte aber: "Das machen wir nicht noch einmal." Yellen verwies dabei auf Reformen, die seit der Finanzkrise umgesetzt worden seien. Sie betonte zugleich mit Blick auf die SVB-Krise: "Aber wir machen uns Sorgen um die Einleger und konzentrieren uns darauf, ihre Bedürfnisse zu erfüllen."

Das auf Start-up-Finanzierung spezialisierte US-Geldhaus Silicon Valley Bank (SVB) ist nach einer gescheiterten Notkapitalerhöhung vorübergehend geschlossen und unter staatliche Kontrolle gestellt worden. Das hatte die US-Einlagensicherung FDIC am Freitag bekanntgegeben. Bei der 1983 gegründeten SVB war es in den vergangenen Tagen im Zuge von Liquiditätssorgen zu immensen Mittelabzügen gekommen.

Die Aktien von SVB waren am Freitag nach einem Kursrutsch aufgrund der akuten Notlage vom Handel ausgesetzt worden. Auch andere Banken gerieten an der Börse erheblich unter Druck. Die SVB hatte schon am Donnerstag für Unruhe gesorgt, als sie überraschend die Ausgabe von Aktien angekündigt hatte, nachdem ein grösserer Verkauf von Vermögenswerten zu einem Verlust geführt hatte. Die Aktien verbuchten allein am Donnerstag ein Minus von gut 60 Prozent.

Auch die freiwillige Abwicklung der US-Kryptobank Silvergate Capital hatte Schockwellen durch Teile des Finanzsektors geschickt. Silvergate hatte im Zuge der Pleite der Kryptobörse FTX bereits gewarnt, das Geschäft möglicherweise einstellen zu müssen. Silvergate kündigte aber an, sämtliche Kundeneinlagen zurückzuzahlen. Die Furcht vor Kreditausfällen im Bankensektor hatte sich wieder verstärkt, die Probleme der US-Banken sorgten auch an den europäischen Börsen für Verunsicherung und liessen etwa die Kurse von Deutscher Bank und Commerzbank zeitweise deutlich absacken.

Sicherheit und Solidität des US-Bankensystems

Yellen sagte, wenn eine Bank zusammenbreche - vor allem eine wie die Silicon Valley Bank mit Einlagen in Milliardenhöhe - dann sei das "natürlich ein Grund zur Sorge". Sie betonte aber, das amerikanische Bankensystem sei "wirklich sicher" und widerstandsfähig. Die Amerikaner könnten Vertrauen in die Sicherheit und Solidität des US-Bankensystems haben. Mit Blick auf das weitere Vorgehen der US-Notenbank Fed in der aktuellen Gemengelage wollte sich die Ministerin nicht näher äussern und verwies auf deren Unabhängigkeit.

Bankexperten halten die deutlichen Reaktionen an den internationalen Finanzmärkten auf die Schieflage der SVB für übertrieben. Die Ereignisse in Kalifornien stellten ein "Musterbeispiel für eine unangemessene Panikreaktion der Aktienmärkte" dar, sagte Rainhard Schmidt von der Goethe-Universität in Frankfurt/Main der Deutschen Presse-Agentur. "Der Kurssturz war unangebracht, weil die Silicon Valley Bank ein sehr spezielles Geschäftsmodell verfolgt, das wirklich keine Ähnlichkeiten zu denen fast aller Banken der meisten Länder aufweist", sagte der Ökonomie-Professor. Es bestehe also kein Systemrisiko und kein Grund zu weiterreichenden Befürchtungen. "Die schnelle weitgehende Kurserholung war vollauf gerechtfertigt."

Ähnlich äusserte sich Finanzmarktexperte Wolfgang Gerke. "Die SVB Bank gefährdet nicht den internationalen Kapitalmarkt. Ihr Klumpenrisiko aus der Start-Up-Finanzierung ist untypisch für den Bankensektor", sagte der Präsident des Bayerischen Finanzzentrums der dpa. "Deutsche Banken sind mit ihren Eigenkapitalpuffern und Geschäftsmodellen stabil aufgestellt. Gefahren in den USA drohen aus den grossen Anleiheportfolios kleinerer Banken", betonte der Ökonomie-Professor. Bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hiess es auf Anfrage: "Wir haben die aktuellen Entwicklungen im Blick und berücksichtigen sie im Rahmen unserer laufenden Aufsicht."

Technologiefirmen leiden besonders unter den aktuell hohen Zinsen, weil sich dadurch ihre Refinanzierung erschwert. Zudem besteht die Gefahr, dass Kredite nicht mehr bedient werden können. Ein hohes Zinsniveau drückt zudem auf die Bewertung der Unternehmen, da in einem solchen Umfeld die für die Zukunft in Aussicht gestellten Gewinne aus heutiger Sicht weniger wert sind. Kunden der Silicon Valley Bank aus der Tech-Branche hatten nun zuletzt Einlagen abgezogen, weil sie selber Liquidität benötigten.

Joachim Klement von der Investmentbank Liberum Capital sprach von wachsenden Ängsten vor einer Kreditklemme. Allerdings geht auch er nicht davon aus, dass die Situation der SVB eine unmittelbare Bedrohung für das europäische Bankensystem darstellt. Das US-Institut habe ein sehr spezielles Geschäftsmodell und sei auf Wagniskapital sowie die Finanzierung junger Wachstumsunternehmen spezialisiert. Das sei innerhalb der Bankenszene ziemlich einmalig. Notleidende Kredite dürften im laufenden Jahr zwar zunehmen, aber die Reserven der Banken in Europa und den USA seien ausreichend, um Probleme aufzufangen.

Einlagesicherungsfonds erwägt Auffanglösung

Der US-Einlagesicherungsfonds (Federal Deposit Insurance Corp, kurz: FDIC) und die US-Notenbank Federal Reserve erwägen laut Bloomberg dennoch eine Auffanglösung beziehungsweise die Schaffung eines Fonds, der es den Aufsichtsbehörden ermöglichen würde, Einlagen bei Banken zu sichern, die nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank in Schwierigkeiten geraten könnten. 

Die Aufsichtsbehörden haben das neue Spezialvehikel offenbar in Gesprächen mit Banken diskutiert, wie mit der Angelegenheit vertraute Personen gegenüber Bloomberg mitteilten. Die Hoffnung ist, dass die Einrichtung eines solchen Vehikels Bankkunden beruhigen würden und dabei auch hälfen, jegliche Panik einzudämmen. Das Vehikel sei Teil der Notfallplanung der Agentur, da sich die Besorgnis über die Gesundheit kleinerer Banken ausbreite, die sich auf Risikokapital- und Start-up-Communities konzentrieren.

Unabhängig davon befragte die FDIC laut Bloomberg am Samstag Beamte mehrerer kleiner und mittlerer Kreditgeber, einschliesslich der First Republic Bank in San Francisco. Die Aktie der Bank verlor in der abgelaufenen Woche 34 Prozent ihres Wertes. Die Aktien anderer regional ausgerichteter Banken in den USA verloren in den letzten Tagen ebenfalls erheblich an Wert, darunter Western Alliance in Phoenix oder PacWest.

Die US-Notenbank Fed hat für Montag eine Sitzung ihres Gouverneursrats unter Ausschluss der Öffentlichkeit angekündigt. Es werde dabei in erster Linie um Vorschuss- und Diskontsätze gehen, teilte die Fed am Sonntag mit. Die Zentralbank nannte laut Reuters keine Details.

Die Kreditvergabe der Fed über das sogenannte Diskontfenster spielt eine wichtige Rolle bei der Unterstützung der Liquidität und Stabilität des Bankensystems. Durch den einfachen Zugang zu Finanzmitteln hilft es den Geldinstituten laut der Notenbank, ihre Liquiditätsrisiken effizient zu verwalten und Maßnahmen zu vermeiden, die negative Folgen für ihre Kunden haben - insbesondere in Zeiten von Marktstress. Somit unterstützt das Diskontfenster laut der Fed den reibungslosen Kreditfluss an Haushalte und Unternehmen.

Mit deutlichen Zinserhöhungen haben zuletzt Zentralbanken rund um den Globus versucht, die spätestens seit dem russischen Angriff auf die Ukraine vor einem Jahr sprunghaft gestiegene Inflation einzudämmen. Nach mehr als einem Jahrzehnt mit Nullzinsen zeigen sich nun aber Risse im Finanzsystem. Einige Investoren fürchten, dass sich der plötzliche Kurswechsel jetzt rächt. In den USA hat die Notenbank Fed die Zinsen so stark angehoben wie seit den frühen 1980er-Jahren nicht mehr. Als Nebenwirkungen davon gelten ein Ausverkauf bei Technologieaktien, Turbulenzen bei Kryptowährungen sowie Druck auf amerikanische und britische Immobilienfonds.