Obwohl die Investmentbank Morgan Stanley derzeit nur geimpfte Mitarbeiter in seinen Hauptsitz am New Yorker Times Square lässt, meldeten sich zwei mit Covid-19 krank. Der Montagabend hastig verbreitete Aufruf an die Mitarbeiter im 14. Stock, dem Büro fernzubleiben, erreichte nicht mehr alle, und einige standen Dienstagmorgen dennoch vor der Tür.
Delta-Mutation verlangt neue Strategie
Die Fähigkeit der Mutation, auf geimpfte Personen überzuspringen, zwingt das Management der Banken dazu, nochmal mit ihren Plänen von vorne zu beginnen. In einer Branche, die bereits in Bezug auf die Rückkehr an den Arbeitsplatz gespalten war, gehen die Meinungen mehr denn je auseinander.
Goldman Sachs und JPMorgan Chase, die entschiedensten Befürworter der Rückkehr in die Bankzentralen, bleiben einstweilen weitgehend bei ihren Plänen. Sie verlangen von ihren Mitarbeitern, wieder die meiste Zeit über vom Büro aus zu arbeiten. Morgan Stanley ist da wesentlich vorsichtiger. Als einzige schreibt die Bank für die Rückkehr in die Büros Impfungen vor hat keine Frist gesetzt. Eine wachsende Zahl anderer Banken verschiebt die Fristen und ergreift neue Sicherheitsmassnahmen.
Die Brüche spiegeln auch zwei grundsätzlich verschiedene Sichtweisen wider. Einige sehen wenig Grund, die Rückkehr zu überstürzen, da die Wall-Street-Mitarbeiter bewiesen haben, dass sie auch von zu Hause aus überdurchschnittliche Gewinne erwirtschaften können.
«Die Magie und die Energie dieser Branche entsteht im Büro»
In den oberen Rängen herrscht jedoch auch die Sorge, dass Händler und Mitarbeiter im Deals-Bereich, die sich im Flurfunk mit Ideen versorgen und für ihren unstillbaren Hunger auf Meetings berüchtigt sind, ihre Arbeit nicht ewig aus der Ferne erledigen können.
"Die Magie und die Energie dieser Branche entsteht im Büro, auf dem Börsenparkett und an der Schnittstelle zu den Kunden", sagt Rose Gailey, Partnerin beim Headhunter Heidrick & Struggles. "Für die CEOs ist das eine der entscheidenden Fragen. Und sicherlich keine einfache."
In den unteren Hierarchiestufen der Branche machen sich indessen viele trotz der Impfungen weiterhin Sorgen um kleine Kinder oder andere gefährdete Familienmitglieder zu Hause.
In den letzten Tagen haben viele Grossakteure der US-Finanzbranche - BlackRock , Wells Fargo, Citigroup und Jefferies Financial Group - ihre Corona-Strategien wegen der Delta-Verbreitung angepasst. Am Donnerstag wurde bekannt, dass BlackRock und Wells Fargo die Rückkehrpläne um etwa einen Monat auf Oktober verschieben.
Wieder Maskenpflicht für Mitarbeiter
Vergangene Woche hat die Citigroup eine Maskenpflicht für ihre Mitarbeiter in den USA wieder eingeführt, solange sie nicht an ihrem Schreibtisch sitzen oder in der Kantine essen. Und die Investmentbank Jefferies, die ihren Finanzchef zu Beginn der Pandemie aufgrund von Komplikationen durch das Virus verloren hat, forderte ihre Mitarbeiter auf, sich impfen zu lassen, bevor sie zurückkommen.
Goldman Sachs CEO David Solomon und JPMorgan-Chef Jamie Dimon haben bisher noch nicht klein beigegeben. Beide Banken wollen von ihren Mitarbeitern bisher nur wissen, ob sie geimpft sind, aber zwingen sie nicht zum Stich. JPMorgan könnte jedoch beginnen, für Ungeimpfte wieder Maskenpflicht einzuführen, heisst es. Der erbitterte Kulturkampf um Masken und Impfungen in den USA macht die Sache nicht einfacher, speziell für JPMorgan, die auch in der Provinz stark vertreten ist.
Und selbst Morgan Stanley-Chef James Gorman machte jüngst deutlich, dass sein Verständnis für die Homeoffice-Präferenz Grenzen hat, wenn’s ums Geld geht: "Wenn man New Yorker Gehälter will, wird man in New York arbeiten müssen", sagte Gorman kürzlich bei einer Konferenz. "Die Einstellung 'Ich sitze in Colorado, aber werde bezahlt als ob ich in New York City bin' - Sorry, aber so läuft das nicht."
(Bloomberg)