Nach Schätzung der Weltgesundheitsorganisation WHO befinden sich gegenwärtig 47 Impfstoffprojekte in der klinischen Entwicklung, davon zehn in der entscheidenden Phase-3 mit mehreren tausend Probanden. In Russland und China wurden Impfstoffe bereits zugelassen, noch bevor Ergebnisse der Wirksamkeitsstudien vorlagen. Nach den Partnern BioNTech und Pfizer meldete am Montag auch der US-Konzern Moderna einen entscheidenden Erfolg und will in den kommenden Wochen in den USA eine Notfallgenehmigung beantragen.

Es folgt eine Auswahl der Impfstoff-Kandidaten in der späten klinischen Entwicklung:

Biotech/Pfizer

Beide starteten Ende Juli die Zulassungsstudie mit dem Impfstoff BNT162b2. Sie sollte bis zu 30'000 Probanden im Alter von 18 bis 85 Jahren umfassen, wurde aber auf rund 44'000 Teilnehmer ausgeweitet, um mehr Daten zu erlangen. Die US-Gesundheitsbehörde FDA gab kürzlich grünes Licht, dass an ihr auch Jugendliche ab zwölf Jahren teilnehmen können. Vorige Woche präsentierten die Partner als weltweit erste Entwickler positive Wirksamkeitsdaten aus dieser Studie der finalen Phase. Demnach war das Risiko, an Covid-19 zu erkranken, für Studienteilnehmer, die den Impfstoff erhielten, um mehr als 90 Prozent geringer als ohne Impfung. Die Mainzer Biontech und Pfizer planen, noch in diesem Monat in den USA eine Notfallgenehmigung für den Impfstoff zu beantragen.

Moderna

Der US-Biotechkonzern hatte als erstes Unternehmen Mitte März eine klinische Studie der Phase I mit einem Corona-Impfstoff gestartet. Ende Juli begann die entscheidende Wirksamkeitsstudie der Phase III mit 30'000 Teilnehmern. Bei der Rekrutierung von Testpersonen achtete der Konzern darauf, dass auch Minderheiten angemessen vertreten sind, deshalb zog sich die Studie hin. Einer Zwischenanalyse zufolge zeigt der Impfstoff eine Wirksamkeit von 94,5 Prozent beim Schutz vor Covid-19. Moderna erwartet, in den kommenden Wochen in den USA eine Notfallgenehmigung beantragen zu können. Die Europäische Arzneimittelagentur leitete einen beschleunigten Zulassungsprozess für den Impfstoff ein. Die US-Regierung unterstützt das Projekt mit nahezu einer Milliarde Dollar.

Astrazeneca

Der Impfstoffkandidat, der von dem britischen Pharmakonzern zusammen mit der Universität Oxford entwickelt wird, befindet sich in der klinischen Studie der Phase III. Mitte September musste das Unternehmen seine Studie mit dem Impfstoff, den die WHO als einen der vielversprechendsten ansieht, wegen der ungeklärten Erkrankung eines Probanden aber unterbrechen. Inzwischen wurde die Studie wieder aufgenommen. Zulassungsrelevante Daten erwartet der Konzern vor Jahresende.

Curevac

Der Tübinger Impfstoffentwickler hat im Juni mit der klinischen Erprobung seines Kandidaten begonnen. In der Phase-I-Studie, an der mehr als 250 Probanden teilnahmen, wurde der Impfstoff von CureVac in verschiedenen Dosierungen getestet. Er zeigte eine gute Verträglichkeit und eine ausgewogene Immunantwort. Noch vor Jahresende soll nun die entscheidende Wirksamkeitsstudie Phase-Ib/III-Studie mit weltweit bis zu 30'000 Probanden starten. Der Bund unterstützt das Projekt mit bis zu 252 Millionen Euro, im Sommer war er mit 300 Millionen Euro bei CureVac eingestiegen. CureVac-Haupteigner und SAP-Mitgründer Dietmar Hopp rechnet mit einer Zulassung im Frühjahr oder Sommer 2021, in eingeschränkter Form möglicherweise aber auch schon früher. nL8N2HO2S1]

Johnson & Johnson

Der US-Pharmakonzern hat die Phase-3-Wirksamkeitsstudie, an der rund 60'000 Menschen teilnehmen sollen, Ende September gestartet. Ergebnisse sollten bis Ende dieses, Anfang kommenden Jahres vorliegen. Auch J&J musste seine zulassungsrelevante Studie wegen einer unerklärten Erkrankung bei einem Probanden unterbrechen. Im Oktober fuhr die Untersuchung wieder hoch, nachdem ein Kontrollgremium sein Okay dafür gegeben hatte.

Sinovac

Der Impfstoff CoronaVac des chinesischen Biotechunternehmens befindet sich als einer von einer Handvoll chinesischen Impfstoffkandidaten in der klinischen Phase III. Tests mit Tausenden Freiwilligen laufen in Indonesien, der Türkei und in Brasilien, einem der am stärksten von der Pandemie betroffenen Länder. Studiendaten werden im November erwartet. Anfang Oktober hatte der Gouverneur des brasilianischen Bundesstaates Sao Paulo die heimische Gesundheitsbehörde Anvisa um eine Zulassung des Sinovacs-Impfstoffs gebeten. Er gehört zu jenen Impfstoffen, die im Notfall-Programm der chinesischen Regierung bereits Zehntausenden Menschen vor Abschluss der klinischen Studien verabreicht wurden.

Sinopharm

Der staatliche chinesische Biotechkonzern testet zwei verschiedene Impfstoffprojekte in Phase-III-Studien. Mitte Juli begann ein breit angelegter Test in den Vereinigten Arabischen Emiraten mit 15'000 Freiwilligen. Auch Argentinien, Peru, Marokko und Bahrain haben Phase-III-Tests mit dem Sinopharm-Kandidaten zugelassen. Das Wall Street Journal hatte berichtet, Sinopharm biete seine Impfstoffe kostenlos chinesischen Studenten an, die für ihr Studium ins Ausland gehen. Mit dem Impfstoff seien bereits rund 480'000 Personen geimpft worden, weitere rund 93'000 hätten die Impfung beantragt.

Gamaleya-Institut

Das russische Gesundheitsministerium hat den Impfstoff, der im Ausland unter dem Namen "Sputnik V" auf den Markt gebracht werden soll, am 11. August freigegeben - noch bevor die Ergebnisse der Phase III-Studien vorlagen. In zwei kleineren Tests im Juni und Juli haben dem Fachmagazin "Lancet" zufolge alle 76 Teilnehmer Antikörper entwickelt und keine schweren Nebenwirkungen gezeigt. Inzwischen läuft eine große Studie, die 40'000 Teilnehmer umfassen soll. Vergangene Woche veröffentlichte das Institut Zwischenergebnisse, wonach der Impfstoff zu 92 Prozent wirksam als Schutz vor Corona sei.

(Reuters)