Die Schweizerische Nationalbank (SNB) will die Devisenmarktinterventionen zur Schwächung des aus ihrer Sicht weiterhin hoch bewerteten Frankens bei Bedarf weiterführen. Die Notenbank beliess den SNB-Leitzins am Donnerstag bei minus 0,75 Prozent. Banken müssen für Geld, das sie bei der Zentralbank parken, weiterhin einen Strafzins von 0,75 Prozent bezahlen. 

Ökonomen kommentieren die geldpolitische Lagebeurteilung der SNB wie folgt:

Thomas Gitzel, VP Bank

Die SNB behält weiterhin eine ruhige Hand. Gegenwärtig lassen sich die eidgenössischen Währungshüter noch nicht aus der Ruhe bringen – auch wenn die Inflationsraten gegenwärtig nach oben klettern. Die Teuerungsraten liegen aber auf kontrollierbarem Terrain. Nichtsdestotrotz mussten die Währungshüter die bedingte Inflationsprognose nach oben nehmen. Der Hauptgrund liegt nach Einschätzung der SNB dafür in den erneut etwas höheren Preisen für Erdölprodukte und Waren, die von Lieferengpässen betroffen sind.

«Die SNB gibt sich weiterhin tiefenentspannt»

Die SNB kann mit einer aktuellen Schweizer Inflationsrate von 0,9 Prozent noch entspannt sein. Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht. Klar ist auch, dass zu einer nachhaltigen Teuerungsrate von über ein Prozent kein Negativzins von 0,75 Prozent passen würde. Insofern dürfte man auch bei der SNB den gegenwärtigen Inflationsanstieg sorgsam beobachten. Das Risiko von Zweitrundeneffekten dürfte man auch bei der SNB im Auge haben.

Allerdings werden die eidgenössischen Währungshüter bei einer etwaigen restriktiveren Geldpolitik zunächst der EZB und der Fed den Vortritt lassen. Würde die SNB vorauseilen, bestünde das Risiko einer Aufwertung des Franken, was bei den Währungshütern erst recht nicht erwünscht ist. Deshalb lautet das einfache Fazit: Bei der SNB bleibt vorerst alles beim Alten. Die SNB gibt sich weiterhin tiefenentspannt.

Jörg Angelé, Bantleon

Die SNB setzt ihre Politik der ruhigen Hand fort, welche sich während der Pandemie bewährt hat. Die Schweizerische Wirtschaft hat deutlich weniger stark unter der Pandemie gelitten als die sämtlicher Nachbarländer, obwohl die SNB weder Zinsen gesenkt noch ein Anleihenkaufprogramm aufgelegt hat. Lediglich mittels Devisenmarktinterventionen wurde eine zu starke Aufwertung des Franken verhindert.

Eine Rücknahme der äusserst expansiven geldpolitischen Ausrichtung wird massgeblich vom Verhalten der EZB abhängen. Mit Zinsanhebungen dürfte die SNB daher voraussichtlich mindestens bis zum Jahr 2023 abwarten und keinesfalls vor der EZB an der Zinsschraube drehen. Das sollte tendenziell weiteres Abwertungspotenzial für den Franken bieten. Dennoch zeichnet sich selbst in der Schweiz perspektivisch die geldpolitische Trendwende ab, was dem Renditeanstieg der Schweizer Eidgenossen weiteren Auftrieb verleihen sollte.

Thomas Stucki, St. Galler Kantonalbank

Wie erwartet, hält die SNB an ihrer Geldpolitik fest. Solange die Fed nicht beginnt, ihren Zinssatz zu erhöhen, ist der Druck auf die SNB, etwas zu ändern, minimal. Wenn die Fed im Jahr 2023 mit einer Zinserhöhung beginnt, muss die SNB entscheiden, ob sie auf die EZB warten oder eigenständig handeln will.

(Reuters/cash)