Derzeit flössen die Kosten für selbstgenutztes Wohneigentum nicht in die Berechnung der Teuerungsrate ein, sagte das Mitglied des sechsköpfigen Führungsteams der Europäischen Zenralbank (EZB) am Montag auf einer Veranstaltung in Luxemburg. Haushalte sähen die Wohnungsausgaben aber als einen wichtigen Teil ihrer Lebenshaltungskosten an. Es gebe daher möglicherweise eine erhebliche Kluft zwischen dem, was an Inflation gemessen werde und dem, was Menschen als Anstieg ihrer Lebenshaltungskosten wahrnehmen würden.

Mersch warnte zudem davor, dass die langanhaltende ultralockere Geldpolitik der Notenbank mit ihren Null- und Negativzinsen möglicherweise zur Blasenbildung beitragen könnte.

"Selbstgenutzes Wohneigentum in die Referenzrate der Inflation für die Geldpolitik aufzunehmen, würde ein klareres Signal für die Geldpolitik setzen, sich gegen Booms bei den Immobilienpreisen zu stemmen," sagte Mersch. Die USA, Japan, Schweden und Norwegen bezögen dies bereits in die Berechnung der Teuerungsraten ein. Würde das im Euro-Raum geschehen, könnte dies in manchen Zeitphasen die gemessene Inflation um 0,2 bis 0,5 Prozentpunkte erhöhen.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte vergangene Woche den Startschuss für eine umfassende Überprüfung der geldpolitischen Strategie der Notenbank gegeben. Im Zentrum steht das Inflationsziel der Währungshüter von unter, aber nahe zwei Prozent, das sie bereits seit Jahren verfehlen. Aber auch die Messung der Inflation gehört zu den Themen des Strategiechecks. Letztmalig hatte die EZB vor 17 Jahren ihre Strategie überarbeitet. Im Dezember lag die Inflation im Euro-Raum gerade einmal bei 1,3 Prozent.

Mersch zufolge gibt es zudem Anzeichen dafür, dass die aktuell sehr lockere Geldpolitik der EZB Investoren dazu ermutigt, höhere Risiken einzugehen und zu Preisübetreibungen und Einkommenungleichheit beiträgt. Daher sei Wachsamkeit gefordert. "Die Risiken einer Korrektur der Vermögenspreise nehmen zu", warnte er. Solche Überbewertungen könnten "künftige Krisen auslösen."

(Reuters)