Die Euro-Wächter um Notenbank-Präsidentin Christine Lagarde brachten am Donnerstag zwar keine neuen Wirtschaftshilfen auf den Weg. Sie teilten aber mit, sie seien nach wie vor bereit, alle ihre Instrumente nötigenfalls anzupassen. Die EZB hatte erst im Dezember ein umfangreiches neues Hilfspaket für die Wirtschaft beschlossen. Den Leitzins beließ die Notenbank auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent, wo er bereits seit März 2016 liegt.

Die EZB hatte der Wirtschaft im Euro-Raum im vergangenen Jahr angesichts eines beispiellosen Konjunktureinbruchs infolge der Pandemie wiederholt mit Hilfsprogrammen unter die Arme gegriffen. Damit soll sichergestellt werden, dass der Kreditfluss an Unternehmen und Haushalte in der Virus-Krise nicht abreißt und die Renditen der Staatsanleihen der Euro-Länder an den Börsen nicht aus dem Ruder laufen. Zuletzt stockte sie im Dezember ihr Pandemie-Anleihenkaufprogramm PEPP um 500 Milliarden Euro auf ein Volumen von nunmehr 1,85 Billionen Euro auf. Zudem wurden die PEPP-Käufe bis mindestens Ende März 2022 verlängert. Auch wurden weitere große Langfrist-Kreditspritzen für die Geschäftsbanken zu günstigen Konditionen vereinbart.

Alexander Krüger, Chefvolkswirt beim Bankhaus Lampe, betonte, die EZB bleibe in Alarmbereitschaft. "Als Auslöser kommen vor allem pandemiebedingte Konjunkturprobleme, eine bröckelnde Finanzmarktstabilität und eine weitere Euro-Festigung in Frage." Ohne neue Notsituation werde die EZB in den nächsten Monaten aber weiter abwarten.

Einige zentrale Unsicherheiten ausgeräumt

Im vierten Quartal schrumpfte die Wirtschaft im Währungsraum laut EZB voraussichtlich. Und eine rasche Erholung im ersten Quartal ist laut Volkswirten angesichts verschärfter Eindämmungsmaßnahmen in vielen Ländern eher unwahrscheinlich. Dazu kommt, dass die Geschäftsbanken ihre Vergabestandards für Unternehmenskredite in den ersten drei Monaten des Jahres verschärfen wollen, was den Kreditfluss bremsen könnte. Sorge bereitet zudem, dass die Inflationsrate inzwischen bereits seit fünf Monaten negativ ist. Im Dezember lag sie bei minus 0,3 Prozent. - und das ist weit von der EZB-Zielmarke von knapp unter zwei Prozent entfernt.

Allerdings sind im neuen Jahr inzwischen einige zentrale Unsicherheiten ausgeräumt. So haben die Covid-Impfungen in den Euro-Ländern begonnen, und es gibt die Hoffnung, dass im Laufe des Jahres noch weitere Vakzine in der EU zugelassen werden. Zudem wurde noch im Dezember kurz vor dem Ablauf der Brexit-Übergangsfrist ein neuer Handelsvertrag zwischen der EU und Großbritannien geschlossen. Dazu kommt der Machtwechsel in den USA. Mit dem neuen Präsidenten Joe Biden verbindet sich auch die Erwartung, dass die US-Politik berechenbarer und mehr auf internationale Zusammenarbeitet ausgerichtet wird.

An ihrem Einlagesatz rüttelte die Euro-Notenbank am Donnerstag ebenfalls nicht. Dieser bleibt damit auf dem Niveau von minus 0,5 Prozent. Bei einem negativen Satz müssen Banken Strafzinsen bezahlen, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken. Doch es gibt inzwischen einige Erleichterungen für die Institute, da die EZB im Herbst 2019 ein Staffelsystem eingeführt hat. Dies hat zur Folge, dass nicht mehr auf alle geparkten Gelder Strafzinsen fällig werden. 

(Reuters)