Selbst nach intensiver Debatte und Änderungen am ursprünglichen Vorschlag zum Zinsausblick trugen nicht alle Euro-Wächter die schliesslich gefundene Formulierung mit, wie aus dem Protokoll der Sitzung vom 22. Juli hervorgeht, das die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag veröffentlichte. Es waren die bislang gravierendsten Unstimmigkeiten unter den Währungshütern in der bisherigen Amtszeit von Notenbankchefin Christine Lagarde.

Zwar zeigte laut Prototoll eine grosse Mehrheit am Ende an, dass sie den überarbeiteten Vorschlag zum geldpolitischen Ausblick unterstützen kann. "Zugleich blieben ein paar Mitglieder bei ihren Einwänden, da die geänderte Formulierung ihre Bedenken nicht hinreichend adressierte", hiess es im Protokoll. Schon kurz nach der Sitzung war bekannt geworden, dass zwei Währungshüter, Bundesbank-Präsident Jens Weidmann und Belgiens Notenbankchef Pierre Wunsch, an ihren Einwänden festhielten.

Die Neuformulierung des Zinsausblicks war notwendig geworden, nachdem sich die EZB ein neues Inflationsziel von glatt zwei Prozent gesetzt hatte. Zuvor hatte es auf unter, aber nahe zwei Prozent gelautet. Die EZB will laut dem geänderten Ausblick ihre Leitzinsen solange auf dem aktuellen oder einem noch tieferen Niveau halten, bis zu sehen ist, dass die Inflation zwei Prozent erreicht und dann erst einmal so bleibt. Das könnte auch eine Übergangszeit von Inflationsraten moderat über zwei Prozent beinhalten.

Bedenken hatten mache Währungshüter bei diesem neuen Zinsausblick unter anderem deshalb, weil aus ihrer Sicht damit ein längeres Übertreffen des Ziels als wahrscheinlich impliziert wird. Zudem bereitete ihnen Sorgen, dass der Ausblick womöglich als Versprechen gesehen wird, für sehr lange Zeit an den Ultratiefzinsen festzuhalten, ohne dass es eine explizite Ausstiegsklausel gibt.

Auf der nächsten Zinssitzung der Notenbank am 9. September dürfte es vor allem um eine mögliche Neukalibrierung der Anleihenkäufe im Rahmen des Notfall-Programms PEPP gehen. Richtschnur wird die Wahrung günstiger Finanzierungsbedingungen sein, wie EZB-Chefvolkswirt Philip Lane der Nachrichtenagentur Reuters sagte.

(Reuters)