Der Einbruch wegen des damit verbundenen Lockdowns sei "sehr rasch und heftig" gewesen, sagte SNB-Direktor Fritz Zurbrügg im Interview mit der "Schweiz am Wochenende" (online, Ausgabe vom Samstag). Die Politik habe zum Schutz der Bevölkerung weite Teile der Wirtschaft gewissermassen per Knopfdruck abstellen müssen.

"Das Tempo bei der Erholung wird aber nicht so hoch sein, das wird mehr Zeit brauchen. Kurzum, der aufwärtsgerichtete Teil des 'V' wird wohl weniger steil sein", meinte er mit Blick auf die kommenden Monate. "Man kann den Knopf nicht einfach wieder drücken und alles ist wieder wie vorher."

Der Nachfrageeinbruch, Lieferprobleme, die Arbeitslosigkeit sowie die Verunsicherung der Unternehmen und Konsumenten würden den Aufschwung verzögern. "Und eine grosse Unbekannte bleibt: jene einer möglichen zweiten Ansteckungswelle und damit verbundener neuer Restriktionen als Schutzmassnahmen", so der SNB-Direktor.

Eine neue genaue Prognose für die Entwicklung des Schweizer Bruttoinlandproduktes im laufenden und nächsten Jahr wolle Zurbrügg mit Verweis auf die geldpolitische Lagebeurteilung der SNB am 18. Juni nicht abgeben. Viele Ökonomen erwarten bekanntlich einen Einbruch in der Grössenordnung von 5 bis 7 Prozent und eine Erholung um 5 Prozent im kommenden Jahr. Der SNB-Direktor meint dazu: "Diese Grössenordnung scheinen aus heutiger Sicht realistisch zu sein." Allerdings sei die Unsicherheit sehr hoch.

Weiterer Spielraum

Klar ist, dass die Virus-Krise eine schnelle Zinserhöhung durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) weiter verhindert. "Wir warten schon lange auf die Normalisierung bei den Zinssätzen", sagte Zurbrügg im Interview weiter. Eine rasche Normalisierung sei durch die Pandemie aber "noch unrealistischer" geworden.

Zur Bekämpfung der Krise bzw. zur Vermeidung eines stärker werdenden Frankens hat die SNB zuletzt verstärkt am Devisenmarkt eingegriffen und Franken gegen andere Währungen verkauft, zudem liegt der Leitzins bekanntlich seit längerem auf rekordtiefen minus 0,75 Prozent. Zurbrügg sieht hier "weiteren Spielraum sowohl bei der Bilanz als auch bei den Zinssätzen" - etwa im Falle, wenn andere Zentralbanken die Sätze weiter senken würden.

Keine Bargeldhortung

Immerhin sieht Zurbrügg keine zusätzlichen Risiken am Immobilienmarkt. Die Nachfrage nach Immobilien sei wegen den tiefen Zinsen in den vergangenen Jahren vergleichsweise hoch gewesen. Die SNB sei sich der Nebenwirkungen bewusst und habe wiederholt auf mögliche Risiken am Immobilienmarkt hingewiesen und auch Massnahmen ergriffen. "Dass die Covid-Krise die Risiken am Immobilienmarkt aber weiter erhöht, erwarten wir unmittelbar nicht", meinte er.

Weiter sagte er, dass es im gegenwärtigen Umfeld sicher "Leute gibt, die gern eine Bargeldreserve zu Hause haben". Die SNB habe aber keine Anzeichen, dass aufgrund der Corona-Pandemie Banknoten verstärkt gehortet würden. Ausserdem nehme der Verkehr mit 10er- und 20er-Noten, der sich im Lockdown reduziert hat, wieder zu. Bei den grossen Notenstückelungen habe es gar keinen Rückgang gegeben.

(Reuters/AWP)