Es liege an der grösseren Bedeutung des Dienstleistungssektors in den Industriestaaten, dass inzwischen mehr Zeit benötigt werde, bis sich geldpolitische Schritte in der Inflation niederschlagen, sagte der Franzose am Donnerstagabend auf einer Konferenz in Genf. "Mit anderen Worten, die Effekte der Geldpolitk brauchen länger, um in der Wirtschaft anzukommen, aber sie sind nicht weniger kräftig geworden."

Die Europäische Zentralbank (EZB) hält ihre Geldschleusen schon seit Jahren sperrangelweit offen. Mit rekordtiefen Zinsen sowie zwischenzeitlich mit billionenschweren Anleihenkäufen versucht sie, die Wirtschaft zu stützen und die aus ihrer Sicht zu niedrige Inflation anzuheissen. Dennoch blieb der Inflationsdruck im Euroraum bislang verhalten: Im April lag die Teuerung lediglich bei 1,7 Prozent nach 1,4 Prozent im März. Die Währungshüter streben aber knapp unter zwei Prozent als Idealwert an. Viele Ökonomen rätseln daher, warum trotz der massiven Massnahmen, die Inflation nicht stärker anzieht.

Grösseres Gewicht der Dienstleistungen

Coeure zufolge könnte einer der Gründe darin liegen, dass die Preise im Dienstleistungssektor eher starr seien und sich nicht so häufig änderten wie in anderen Sektoren. Dafür sorge der geringere internationale Wettbewerb und der vergleichsweise höhere Anteil der Löhne an den Produktionskosten. Ein grösseres Gewicht der Dienstleistungen in der Wirtschaft habe dann aber zur Folge, dass es länger dauere, bis sich geldpolitische Massnahmen in der Inflationsrate niederschlagen.

Dies bedeutet laut Coeure allerdings nicht, dass die Wirkung der Geldpolitik nachgelassen hat: "Mittelfristig jedoch, wenn immer mehr Firmen ihre Preise im Zuge der verbesserten wirtschaftlichen Bedingungen anpassen, wird die Inflation mit mehr Kraft antworten."

(Reuters)