Auf der Generalversammlung verweigerten sie am Donnerstag der Chefetage unter Bankenchef Sergio Ermotti und dem Verwaltungsrat um Präsident Axel Weber die Entlastung für das vergangene Jahr. Die Zustimmung lag bei nur 41,67 Prozent. 41,64 Prozent der Aktionäre stimmten mit Nein, 16,69 Prozent enthielten sich. Das Misstrauensvotum ist aussergewöhnlich: Im Vorjahr hatte die Zustimmung noch bei 89,68 Prozent gelegen. Mit der Ohrfeige der Anleger steht die UBS nicht alleine da: Schon beim deutschen Bayer-Konzern hatten die Investoren die Abstimmung über die Entlastung genutzt, um ihre Unzufriedenheit mit dem Kurs des Managements zu demonstrieren.

Das Votum hat keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen für das UBS-Management - aber Signalwirkung. Bereits im Vorfeld hatten viele Stimmrechtsvertreter den Aktionären empfohlen, der Bankführung die Entlastung zu verweigern oder sich der Stimme zu enthalten. Hintergrund ist der seit Jahren laufende Steuerstreit in Frankreich: Ende Februar hatte ein Gericht in Paris die UBS wegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche zu einer Rekordstrafe von 4,5 Milliarden Euro verurteilt. Die UBS legte umgehend Berufung ein und erwartet einen jahrelangen Rechtsstreit. Zuvor hatte die Bank aber Vergleichsangebote für geringere Summen ausgeschlagen - und sich damit Kritik eingefangen, sie habe sich bei dem Fall verspekuliert.

Auf der Generalversammlung machten sich die Anleger Luft. "Die Risiken aus der Vergangenheit sind für uns UBS-Aktionäre eine bittere Realität. Allfällige damit verbundene Bussen könnten uns mehrere Milliarden kosten", sagte Vincent Kaufmann, Direktor der Schweizer Stiftung Ethos, die viele Schweizer Pensionskassen vertritt. Ein Kleinaktionär formulierte es anders: "In der Kirche kommt die Reue vor der Busse und dann Vergebung für die Sünde. Im Pariser Prozess kommt nun nach der Busse die bittere Reue für die Aktionäre und die Vermutung, dass nicht alle Sünden abgetragen sind, die noch auf uns zukommen."

VR-Präsident verteidigt Kurs

In der Vergangenheit wurde dem UBS-Management schon einmal die Entlastung verweigert: 2010 stimmten die Aktionäre rückblickend über die Jahre der Finanzkrise ab - und stimmten für das Jahr 2007 gegen eine Entlastung.

Die Nicht-Entlastung der Bankführung hat auch ganz praktische Gründe: Nun können sämtliche Aktionäre innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach dem Beschluss der Generalversammlung eine sogenannte Verantwortlichkeitsklage einreichen. Das Votum macht es also tendenziell für Investoren einfacher, im Nachgang noch zu klagen - auch wenn eine rasche Entscheidung im Frankreich-Fall nicht zu erwarten ist.

Weber sagte im Anschluss, er interpretiere das Votum der Aktionäre als Massnahme, sich alle rechtlichen Möglichkeiten offenzuhalten und habe dafür Verständnis. Der Verwaltungsrat wolle das Ergebnis in einer seiner Sitzungen besprechen. Weber verteidigte das Vorgehen der Bankführung: Eine aussergerichtliche Einigung sei nicht zu akzeptablen Bedingungen möglich gewesen. Die Bank verfolge daher im Interesse der Aktionäre den Gerichtsweg. Bei dem Streit gehe es zudem um Vorwürfe aus der Vergangenheit. "Wir können diesen Fall nicht ändern. Das einzige was wir falsch machen können ist, diesen Fall falsch zu behandeln", sagte Weber. Die Bank habe angemessene Rückstellungen gebildet. Diese lagen zuletzt bei 450 Millionen Euro - ein Zehntel der von Frankreich geforderten Summe.

Parallelen zu Bayer?

In Deutschland hatte vor wenigen Tagen ein anderer Fall für Aufsehen gesorgt: Die Aktionäre von Bayer verweigerten der Führungsebene des Pharma- und Agrarkonzerns die Entlastung: Nur 44,5 Prozent stimmten mit Ja. Dem Verwaltungsrat sprachen 66,4 Prozent des anwesenden Kapitals das Vertrauen aus. Bei Bayer waren es Rechtsrisiken nach der Übernahme des US-Konzerns Monsanto und ein rasanter Verfall des Aktienkurses, die die Aktionäre verärgerten. In den USA sieht sich der deutsche Konzern mit etwa 13'400 Klägern wegen der angeblich krebserregenden Wirkung des von Monsanto entwickelten Herbizids Glyphosat konfrontiert.

Grund für die Misstrauensvoten bei namhaften Unternehmen ist nach Einschätzung von Experten auch die steigende Macht von Stimmrechtsberatern wie ISS oder Glass Lewis. Nach ihren Ratschlägen richten sich viele ausländische Investoren, die sich selbst nicht detailliert mit den Beschlussvorschlägen auseinandersetzen. Zudem werden institutionellen Anleger kritischer und nicken nicht einfach alle Beschlüsse ab.

Für Missmut sorgten an der Generalversammlung der UBS auch die Bonuszahlungen - allerdings stimmten die Aktionäre mit 79,4 Prozent für den Vergütungsbericht. Ermotti erhielt für 2018 Gehalt und Bonus von 14,1 Millionen Franken - nach 14,2 Millionen Euro im Jahr davor. Damit ist er einer der bestverdienenden Manager in Europa. Der Chef der Credit Suisse, Tidjane Thiam, erhielt Fixlohn und Bonus von insgesamt 12,7 Millionen Franken.

(Reuters)