Richemont gilt in vielerlei Hinsicht als ein Vorzeigeunternehmen. Vor allem der auf teuren Schmuck spezialisierten Tochter Cartier ist es zu verdanken, dass der Luxusgüterkonzern aus Genf in den letzten Jahren stärker als viele andere Konkurrenten gewachsen ist.

Noch bis vor wenigen Monaten stand die Richemont-Aktie deshalb hoch in der Gunst der Analysten. Kaum ein Analyst von Rang und Namen, der die Aktie damals nicht zum Kauf empfahl. Doch das war einmal. Stattdessen treffen immer öfter Verkaufsempfehlungen ein.

Schwächelt Cartier?

So auch am frühen Mittwochmorgen: Die Luxusgüteranalystin der UBS nimmt ihr Anlageurteil von "Neutral" auf "Sell" zurück und veranschlagt neuerdings ein 12-Monats-Kursziel von 68 (zuvor 71) Franken. Auf den Schlusskursen vom Dienstag entspräche dies einem Rückschlagspotenzial um 14 Prozent.

Ihres Erachtens trägt die Aktienkursentwicklung den Herausforderungen in der Luxusgüter-Industrie kaum Rechnung. Zu den Herausforderungen zählt sie etwa die Abwertung des chinesischen Renminbi oder die anhaltenden Proteste im Schlüsselmarkt Hongkong. Hinzu kämen Anhaltspunkte für eine Nachfrageverlangsamung bei Cartier, so schreibt die UBS-Analystin, und kürzt ihre Gewinnschätzungen um bis zu 14 Prozent. Dass der bisherige Verantwortliche der Schmucksparte das Unternehmen auf Ende Oktober verlassen will (cash berichtete), dürfte mehr als ein Zufall sein.

UBS und Credit Suisse sind sich für einmal einig

Es kommt nicht häufig vor, dass sich die beiden Schweizer Grossbanken bei einer Aktie einig sind. Doch auch der Berufskollege der Analystin bei der Credit Suisse empfiehlt die Richemont-Aktie schon seit längerer Zeit mit "Underperform" zum Verkauf. Das Kursziel lautet sogar nur 69 Franken. Der für die Credit Suisse tätige Analyst argumentiert weniger mit den Herausforderungen in der Luxusgüter-Industrie, als vielmehr mit dem hohen Investitionsbedarf bei Richemont. Diese Investitionen drücken auf die Margen und damit auch auf die Gewinnentwicklung.

Der hohe Investitionsbedarf ist nicht zuletzt auf den Auf- und Ausbau eines Online-Vertriebs rund um die Tochter Yoox-Net-a-Porter, kurz YNAP, zurückzuführen. Dieser noch junge Geschäftsbereich trägt schon heute rund 15 Prozent zum Jahresumsatz bei, ist allerdings noch nicht kostendeckend.

Obschon die Richemont-Aktie von ihrem Jahreshoch von Mitte Juli bei etwas mehr als 87 Franken zurückgefallen ist, errechnet sich seit Jahresbeginn noch immer ein ansehnliches Plus von 25 Prozent. Damit zählt die Aktie zu den diesjährigen Gewinnern aus dem Swiss Market Index (SMI).

Die Herabstufung durch die UBS scheint die Anleger nun aber zu verunsichern. Zur Stunde verliert der Richemont-Titel 3,82 Franken oder fast 5 Prozent auf 75,16 Franken. Von den 3,82 Franken entfallen mit 2 Franken jedoch fast die Hälfte auf den heutigen Dividendenabgang.