Die Sanktionen sollen den Kauf von Rohöl und Ölerzeugnissen aus Russland verbieten, wenn diese auf dem Seeweg in die Mitgliedstaaten geliefert werden. In Bezug auf per Pipeline geliefertes Öl soll es eine temporäre Ausnahme geben, wie EU-Ratspräsident Charles Michel in der Nacht zum Dienstag mitgeteilt hat.

“Dies deckt sofort mehr als 2/3 der Ölimporte aus Russland ab und schneidet eine grosse Finanzierungsquelle für seine Kriegsmaschinerie ab”, erklärte Michel in einem Tweet. “Maximaler Druck auf Russland, den Krieg zu beenden.”

Eine Einigung zu den technischen Details steht noch aus. Dann müssen die Sanktionen von allen 27 Staaten formell verabschiedet werden. Michel kündigte für Mittwoch ein Botschaftertreffen an.

Ölpreis auf Zweimonatshoch

Ungarn, das weiterhin russisches Öl über die Druschba-Pipeline beziehen wird, hatte sich im vergangenen Monat gegen ein Embargo gewehrt. Budapest erhielt nun von den EU-Staats- und Regierungschefs Garantien, dass es im Falle einer Unterbrechung der Pipelines Ersatzlieferungen erhalten würde, berichten zwei mit den Gesprächen vertraute Personen.

Der Ölpreis für die Rohölsorte Brent erreichte nach der Nachricht mit über 123 Dollar pro Barrel ein Zweimonatshoch.

Der Grossteil der derzeitigen Pipeline-Lieferungen geht nach Deutschland und Polen, die allerdings bereits klargemacht haben, dass sie sich unabhängig von etwaigen Sanktionen jedenfalls von den russischen Lieferungen abkoppeln wollen. Sollten sich beide Länder an diese Zusage halten, würde dies zusammen mit dem Embargo auf dem Seeweg dazu führen, dass 90 Prozent der russischen Rohölverkäufe in die EU bis zum Jahresende eingestellt würden.

Seeweg wichtig für Öleinfuhren

“Wir sollten in der Lage sein, bald auf die Frage der verbleibenden 10 Prozent des Pipeline-Öls zurückzukommen”, sagte Kommissionspäsidentin Ursula von der Leyen auf einer Pressekonferenz am frühen Dienstag.

Die Lieferungen auf dem Seeweg machen etwa zwei Drittel der russischen Öleinfuhren aus. Sobald die Massnahme in Kraft ist, würde sie Putin nach Berechnungen von Bloomberg bis zu 10 Milliarden Dollar pro Jahr an Exporteinnahmen kosten. Das liegt daran, dass Russland durch das Verbot gezwungen wäre, sein Rohöl mit einem Preisnachlass nach Asien zu verkaufen, wo es bereits jetzt um etwa 34 Dollar pro Barrel billiger gehandelt wird als Brent-Futures.

Längere Liste von Zugeständnissen

Das Paket sieht auch ein Verbot von Versicherungen im Zusammenhang mit der Verschiffung von Öl in Drittländer vor, das aber erst sechs Monate nach der Verabschiedung der Massnahmen in Kraft treten wird, statt der zuvor vorgeschlagenen dreimonatigen Übergangszeit, so die Personen. Dies fügt sich in eine längere Liste von Zugeständnissen ein, seit der Vorschlag erstmals im Mai von der Kommission unterbreitet wurde.

Russland lieferte im vergangenen Jahr täglich etwa 720'000 Barrel Rohöl über seine wichtigste Pipeline in die Region an europäische Raffinerien. Dem stehen 1,57 Millionen Barrel pro Tag auf dem Seeweg gegenüber.

(Bloomberg)