Die Frau wirft der Bank vor, sie im Juli 2017 während eines Konflikts mit der Bank in New York beschattet zu haben. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, würde das die Beteuerungen der Bankspitze, wonach Beschattungen von Mitarbeitern nicht Teil des "Werkzeugkastens" von Credit Suisse seien, verstärkt in Frage stellen.

Zwei Anwälte der Kanzlei Homburger hätten die ehemalige Credit-Suisse-Führungskraft am 30. Januar in Manhattan getroffen, erklärte die Person. Dabei hätten die Juristen weitere Fragen zu ihren Überwachungsvorwürfen gestellt. So wollten die Anwälte unter anderem wissen, ob sie die Polizei alarmiert habe. Zum Stand ihrer Ermittlungen hätten sich die Anwälte ihr gegenüber nicht geäussert.

Reuters konnte nicht in Erfahrung bringen, warum die Frau erneut befragt wurde. Ein Anwalt der Frau bestätigte das Treffen vom 30. Januar und erklärte, die jüngste Untersuchung der Credit Suisse "scheint nicht darauf ausgerichtet zu sein, die Wahrheit aufzudecken".

Frau plant Klage gegen Credit Suisse

Die Frau war früher Leiterin des amerikanischen Compliance-Bereichs der Credit Suisse. Später übernahm sie die Co-Leitung eines Gemeinschaftsunternehmens namens Signac. Diese zusammen mit dem Big-Data-Spezialisten Palantir Technologies betriebene Joint Venture hat den Auftrag, nicht-autorisierte Handelstransaktionen von Mitarbeitern aufzuspüren. Die Frau verliess Credit Suisse im Juli 2017, nachdem sie die Position der Bank in einer Buchhaltungsangelegenheit als "falsch" bezeichnet hatte, wie Gerichtsunterlagen zeigen. Demnach begann Credit Suisse im März 2017 gegen sie vorzugehen; die Bank habe mit der Entlassung gedroht und ihr den Bonus vorenthalten.

Credit Suisse und Homburger wollten sich nicht zu der Frage äussern, ob die Anwälte der Firma von der Bank geschickt worden waren, um sie erneut zu befragen. Credit Suisse erklärte, die Frau habe seit 2017 mehrere Gerichtsverfahren gegen die Bank und andere im Zusammenhang mit ihrer früheren Beschäftigung angestrengt, diese seien aber abgelehnt worden. Eine Klage der Frau gegen Credit Suisse wegen unrechtmässiger Vergeltung ist anhängig. Der Bank sei bekannt, dass die Frau eine weitere Klage gegen Credit Suisse vorbereite. Homburger habe keine Hinweise gefunden, dass die Frau im Auftrag der Credit Suisse in oder um New York verfolgt wurde, erklärte die Bank.

Ruf der Grossbank leidet

Credit Suisse hatte Homburger im September mit der Aufgabe betraut, die Beschattung des ehemaligen Star-Managers Iqbal Khan zu untersuchen. Homburger kam zum Schluss, dass der ehemalige Chief Operating Officer Pierre-Oliver Bouee für die Überwachung verantwortlich war. Es gebe keine Hinweise, dass Credit Suisse auch andere Mitarbeiter Überwachen liess. Doch im Dezember wurde bekannt, dass auch der ehemalige Personalchef Peter Goerke im Auftrag der Bank observiert wurde. Bouee wurde daraufhin fristlos entlassen.

Der Fall hat dem Ruf der Bank schwer geschadet. Insidern zufolge will der Verwaltungsrat am heutigen Mittwoch mögliche weitere Konsequenzen aus der Affäre besprechen. Die Sitzung dürfte zwar nicht unmittelbar in einem Führungswechsel resultieren, aber könnte die Weichen für einen solchen Schritt in der Zukunft stellen. Sowohl ein vorzeitiger Abgang von Konzernchef Tidjane Thiam als auch von Verwaltungsratspräsident Urs Rohner sei dabei möglich. 

(Reuters)