Was in einem einzigen Jahr alles geschehen kann: 2015, als die Rohstoffpreise auf immer neue Tiefs fielen, musste sich der in Baar ZG beheimatete Handelskonzern Glencore noch drängenden Fragen nach seinem Überleben erwehren. Jetzt, ein Jahr später, läuft die eingeleitete Sanierung so gut, dass es möglicherweise nur noch eine Frage von Monaten ist, bis das Unternehmen seinen Aktionären wieder Dividenden zahlen wird. Anziehende Preise für Kohle und Zink, steigende Aktienkurse und eine sinkende Verschuldung haben Glencore zur Erfolgsgeschichte des Jahres in der Bergbaubranche gemacht.

Mit Spannung erwarten Investoren deshalb am Donnerstag von CEO Ivan Glasenberg Aussagen zur künftigen Unternehmensstrategie. Glasenberg hat das zurückliegende Jahr damit verbracht, eine lange Liste von Einzelpunkten aus einem Sanierungs- und Entschuldungsplan abzuhaken, einschliesslich des Vorhabens, Konzernteile im Volumen von 4 bis 5 Milliarden Dollar zu veräussern. Der Markt hat das honoriert: Seit Jahresbeginn hat sich der Aktienkurs des Unternehmens verdreifacht. Die massiven Kursverluste des vergangenen Jahres sind damit fast komplett wieder ausgebügelt.

Lohn für die treuen Aktionäre

Unterstützt von einer starken Erholung des Handels mit Kohle und Zink ist Glasenberg nun in einer Position, an die Aktionäre zu denken, die ihm in der schwärzesten Stunde des Unternehmens seit dem Börsengang die Stange gehalten haben. Niemand hat mehr auf diese Kehrtwende gesetzt als David Herro von Harris. Seine Firma investierte mehr als 2 Milliarden Dollar in Glencore, als andere wie Lansdowne Partners - einer der grössten Hedgefonds Europas - grosse Wetten auf weitere Kursverluste eingingen.

"Vorrangig muss Glencore weiter daran arbeiten, die eigene Bilanz zu stärken, um gegen einen massiven Verfall der Rohstoffpreise gewappnet zu sein", sagte Herro, Portfoliomanager bei der in Chicago ansässigen Investmentgesellschaft Harris, die mit einem Anteil von rund 5 Prozent viertgrösster Aktionär von Glencore ist, kürzlich in einem Interview mit Bloomberg TV in London.

"Danach sollte man selektiv nach Möglichkeiten suchen, die liquiden Mittel einzusetzen", sagte Herro. "Wenn es etwas gibt, das mit Abschlägen zu einem guten Preis gekauft werden kann, sollte man alles daran setzen, zum Zuge zu kommen. Aber wenn nicht, dann gibt es da Dividenden, Aktienrückkäufe und jede Menge andere Möglichkeiten."

Alle Überschüsse für Schuldenabbau verwendet

Glasenberg und Finanzchef Steve Kalmin, so erwartet es die Credit Suisse, könnten auf dem Investorentag am Donnerstag Hinweise zu den geplanten Investitionen und zur geplanten Rohstoffförderung für 2017 geben. Auch eine neue Dividendenpolitik könnte verkündet werden, nachdem Glencore in den zurückliegenden zwei Jahren alle Überschüsse für die Rückzahlung von Schulden verwendet hatte, die sich im vergangenen Jahr auf 30 Milliarden Dollar beliefen.

Glencore hat zuletzt von einem Boom der Preise für Hütten- und Kraftwerkskohle sowie für Zink profitiert, die in diesem Jahr jeweils um rund 80 Prozent gestiegen sind. Das stütze die Erträge und könnte nach Einschätzung der UBS Grundlage dafür sein, bereits im März wieder mit Dividendenzahlungen zu beginnen. 5 Cent je Aktie schätzt die Grossbank.

Alon Olsha, Analyst für Bergbautitel bei Macquarie in London, rechnet mit einer Wiederaufnahme der Dividendenzahlungen nach der ersten Jahreshälfte und einer Regel, wonach 40 Prozent des Gewinns nach Steuern an die Aktionäre ausgeschüttet werden.

Aktie auf 16-Monate-Hoch

Die Glencore-Aktie markierte am 11. November mit 292 Pence in London ein 16-Monate-Hoch. Das ist mehr als das Doppelte des Preises bei der Aktienemission im vergangenen Jahr. Ausserdem hat der Konzern Anleihen zurückgekauft und im Oktober ein entsprechendes Programm auf 1,6 Milliarden Dollar ausgeweitet.

Glasenberg, der Glencore seit 2002 führt, hat das Unternehmen mit einer ganzen Reihe von Zukäufen gross gemacht. Er steht für die Strategie, das klassische Bergbaugeschäft mit dem Rohstoffhandel zusammenzuführen. 2011 brachte er Glencore in einem 10 Milliarden Dollar schweren IPO an die Börse und fädelte ein Jahr später für 29 Milliarden Dollar die Übernahme von Xstrata ein, mit der er sich Minen und Hüttenwerke in den Konzern holte.

Die letzte grosse Übernahme zielte 2014 mit 1,4 Milliarden Dollar auf Caracal Energy, ein Unternehmen, mit dem sich Glencore die Kontrolle von Ölfeldern im Tschad sicherte. Weil der Ölpreis anschliessend stark fiel, musste Glencore den überwiegenden Teil des Firmenwertes allerdings abschreiben.

(Bloomberg)