Ziemlich genau neun Jahre ist es her, seit Katar der Credit Suisse mit einer milliardenschweren Finanzspritze zu Hilfe eilte. Seither gilt das Scheichtum als der mit Abstand grösste Aktionär der Schweizer Grossbank.

Wie am frühen Mittwochmorgen einer Offenlegungsmeldung an die Schweizer Börse SIX entnommen werden kann, hat sich Katar in den letzten Tagen allerdings von Teilen des Beteiligungspakets getrennt. Im Zuge dieser Verkäufe ist der Stimmenanteil von 17,98 auf 15,91 Prozent geschmolzen.

Wurden Aktien und Pflichtwandelanleihen veräussert?

Diese Zahl ist trügerisch, hält der Grossaktionär doch 4,94 Prozent der Stimmen in Aktien. Die Differenz entspräche dem Stimmenanteil, würde Katar auf den 2008 erworbenen Pflichtwandelanleihen ausgeübt. Das geschieht nur, wenn die Kernkapitalquote der Credit Suisse unter einen vorbestimmten Schwellenwert fällt. Bis dahin kassiert das Scheichtum satte Zinszahlungen. Schätzungen zufolge fliesst jährlich fast eine halbe Milliarde Franken in den Nahen Osten.

Die Offenlegungsmeldung lässt vermuten, dass Katar in den letzten Tagen neben Aktien auch einen Teil der Pflichtwandelanleihen veräussert hat. Eine weitere Erklärung wäre der Verwässerungseffekt im Zusammenhang mit der kürzlich durchgeführten Bezugsrechtsemission.

Kursentwicklung der Credit-Suisse-Aktie über die letzten fünf Jahre (Quelle: www.cash.ch)

Über die Beweggründe lässt sich aus heutiger Sicht bloss spekulieren. Fakt ist, dass das Scheichtum unter einem Wirtschaftsboykott leidet. Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate werfen Katar Unterstützung von Terroristen vor und haben ihre diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zum Nachbarland abgebrochen.

Unternehmensspezifische Gründe unwahrscheinlich

Alleine in den letzten Wochen schmolzen die Währungsreserven Katars wie Eis an der Wüstensonne. Gut möglich, dass das Scheichtum deshalb zum Verkauf von Firmenbeteiligungen gezwungen ist. Mit seinem mit gut 330 Milliarden Dollar dotierten Staatsfonds zählt Katar unter anderem auch beim Rohstoffhändler Glencore oder beim Basler Reisedetailhandelskonzern Dufry zu den bedeutendsten Aktionären.

Beobachter halten unternehmensspezifische Gründe für die Beteiligungsreduktion bei der Credit Suisse hingegen als eher unwahrscheinlich. Das erst vor wenigen Wochen für das zweite Quartal veröffentlichte Resultat zeigt, dass die von der Grossbank in der Vergangenheit eingeleiteten Sparmassnahmen endlich greifen. Zudem liess sich die Eigenkapitalquote mittels einer milliardenschweren Kapitalerhöhung über Bezugsrechte kräftig stärken.

Beteiligungsreduktion vermutlich noch nicht abgeschlossen

Diese Fortschritte spiegeln sich auch in der Aktienkursentwicklung wider. Mit 14,56 Franken notiert die Credit-Suisse-Aktie derzeit knapp 13 Prozent über den Jahrestiefstkursen von Mitte Juni. Vom langjährigen Kurstiefst vom Sommer letzten Jahres trennen die Aktie mittlerweile sogar fast 50 Prozent. Ängste rund ums Eigenkapital und eine aggressive Verkaufsempfehlung durch Alliance Bernstein liessen die Kurse damals vorübergehend auf unter 10 Franken abtauchen.

Sollte Katar über die nächsten Wochen weitere Titel abstossen, kann der Grossaktionär dies unbehelligt tun. Gemäss Schweizer Börsengesetz muss sich das Scheichtum erst bei einem Unterschreiten des Schwellenwerts von 3 Prozent bei den Aktien selber oder bei unter 15 Prozent fallenden theoretischen Stimmenanteil als Verkäufer zu erkennen geben.