Seit seinem Rücktritt als Konzernchef der UBS im Jahr 2011 im Zug des Adoboli-Skandals verspürt Oswald Grübel einen unbändigen Mitteilungsdrang. Er tritt an Podien und Konferenzen auf, gibt Interviews und erscheint in Promi-Spalten, in der "Schweiz am Sonntag" hat er eine wöchentliche Kolumne. 

In seinem jüngsten Interview, diesmal mit der "Basler Zeitung", stellt er sich auf den Standpunkt, dass die grösste Bankenrettung der Schweiz überflüssig war. "Ich hatte als Aussenstehender den Eindruck, dass die UBS nicht hätte gerettet werden müssen. In dieser Auffassung wurde ich auch später bestärkt, als ich im Februar 2009 die Leitung übernahm."

Schuld an der Misere gibt Grübel dem damaligen UBS-Management und Verwaltungsrat. Die Gremien seinen damals "funktionsunfähig" gewesen. "Es gab fast niemanden mehr, der die Bank verstand. Man hätte vielleicht Marcel Ospel behalten sollen, er wusste wenigstens, wie die Bank lief."

Im Oktober 2008 gab die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Gründung des Stabilisierungsfonds zur Rettung der UBS bekannt. Dieser Fonds verwaltete die giftigen Wertpapiere der UBS, welche sich im Zug der Krise auf dem Markt nicht mehr verkaufen liessen und die Schweizer Grossbank in den Abgrund zu ziehen drohten. Der Bund stärkte mit 6 Milliarden Franken das UBS-Eigenkapital. Bei der Rettungsaktion wendeten die SNB und der Bund 60 Milliarden Franken auf. 

"Ich solle aus Dankbarkeit den Mund halten" 

Grübels bisweilen undiplomatische Stellungnahmen zur Banken-Regulierung und in der "Too-big-to-fail"-Diskussion nach seinem Amtsantritt 2009 kamen in der Öffentlichkeit, die von der Bankenrettung noch immer geschockt war, nicht gut an. Auch bei der Schweizerischen Nationalbank nicht.

"Als ich nur schon die Frage stellte, was die "Too-big-to-fail"-Kommission überhaupt machen sollte, schrieb mir der damalige Nationalbank-Präsident Jean-Pierre Roth einen geharnischten Brief. Er wetterte, was mir überhaupt einfalle, so zu reden, wo der Bund und die Nationalbank doch gerade die UBS gerettet hätten", verrät Grübel im "BaZ"-Interview. "Wenn ich etwas sagte, hiess es jeweils postwendend, ich solle aus Dankbarkeit den Mund halten." Die Chefs von Grossbanken sollten sich heute aber zu den wichtigsten Belangen des Landes äussern, insbesondere natürlich zur Politik, findet Grübel.

Für den ex-UBS-Chef ist klar, dass die Schweizer Grossbanken nicht zu gross für die Schweiz sind und dass man sie nicht einfach pleitegehen lassen kann. Es sei schade, dass die Schweizer nicht mehr den gleichen Stolz für ihre Grossbanken empfinden wie noch im Jahr 2007. "Ich habe den Eindruck, als möchte sich das Land ins Schneckenhaus zurückziehen und nichts mehr mit der weiten Welt zu tun haben."

Für Grübel ist ebenso evident, dass es für die Entwicklung der Weltwirtschaft besser war, als die Banken mehr Risiken eingingen als heute. "Daher auch der Aufschwung bis ins Jahr 2007. Nun liegen viele Jahre vor uns, in denen nichts geschehen wird. Zu meiner Zeit waren wir, getragen von der Globalisierung, noch ganz darauf getrimmt, Wachstum zu generieren. Inzwischen haben sich die gesellschaftlichen Themen geändert. Jetzt geht es um Gleichheit, Gerechtigkeit oder Nachhaltigkeit."