Eine Reaktion der USA blieb zunächst aus. Die Bundesregierung äusserte die Hoffnung, dass die klare EU-Antwort auf die amerikanischen Zwangsmassnahmen Vernunft bei den Beteiligten einkehren lassen und eine Verhandlungslösung befördern könnte. Grossbritannien unterstützt ungeachtet des Brexits das EU-Vorgehen. Premierministerin Theresa May will den Konflikt auch beim Besuch von US-Präsident Donald Trump im Juli ansprechen.

Trump begründet den von seiner Regierung mit neuen und höheren Importzöllen entfachten Streit mit der EU, China und anderen Ländern mit unfairen Handelspraktiken, die die US-Wirtschaft krass benachteiligen würden. Als Argument nennt er immer wieder das Defizit der USA im Warenhandel mit dem Ausland von rund 800 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr.

Das Münchener Ifo-Institut setzt dem entgegen, dass die US-Leistungsbilanz, die neben Waren Dienstleistungen wie auch Zahlungsströme aus Investitionen in anderen Ländern umfasst, mit der EU seit Jahren mit einem Plus abschliesst. Im ersten Quartal 2018 habe dieser US-Überschuss gegenüber der EU bei 2,4 Milliarden Dollar gelegen, erklärte das Institut unter Berufung auf amtliche US-Zahlen. "Die neuesten Daten belegen, dass die USA in einem Handelskonflikt nicht weniger verletzbar sind als die EU", lautete die Ifo-Analyse.

Zweite Zollrunde in China

Im Falle Chinas, dem wichtigsten Handelspartner der USA mit dem höchsten Warenhandelsüberschuss, befindet sich die US-Regierung mittlerweile in einer zweiten Runde von gegenseitigen Zoll-Androhungen. Diese betreffen inzwischen einen Warenverkehr im dreistelligen Milliardenvolumen. Die Europäer fürchten nun, dass Trump auf die Gegenzölle mit weiteren US-Abgaben reagiert, die etwa Autoimporte betreffen könnten.

Die britische Regierung bemühte sich, kein weiteres Öl ins Feuer zu giessen. Die Regierung des Vereinigten Königreichs nannte die EU-Zölle "massvoll und verhältnismässig". Eine Regierungssprecherin betonte aber zugleich: "Wir wollen eine Eskalation nach dem Motto 'wie du mir - so ich dir' vermeiden." Nach einem Volksentscheid will das Land im Frühjahr 2019 die EU verlassen und ist dann auf bilaterale Handelsabkommen angewiesen.

Damit schlug sie ähnliche Töne an, wie die deutsche Regierung. "Wir hoffen, dass diese klare Reaktion der EU dazu führt, das auf allen Seiten Vernunft und Sachlichkeit sich durchsetzt und man dann auch gemeinsam in Gesprächen nach Lösungen suchen kann", sagte eine Sprecherin von Wirtschaftsministers Peter Altmaier. Zudem verwies sie darauf, dass die Regierung in Washington jüngst insgesamt 43 Anträge von sieben US-Unternehmen positiv beschied, bestimmte Stahlzulieferungen aus dem Ausland von den verhängten Zöllen auszunehmen. Dies betreffe auch einige Stahllieferungen aus Deutschland. Sie erwarte, dass es weitere Anträge für Ausnahmen geben werde.

Der US-Motorradbauer Harley-Davidson, der von den EU-Zöllen betroffen wird, rechnet als Folgen mit höheren Preisen und einer Beeinträchtigung der Nachfrage in der EU. Derzeit seien die Lager zwar noch gut mit Importfahrzeugen gefüllt, sagte der Mitteleuropa-Chef des Unternehmens, Christian Arnezeder, Reuters TV. Aber spätestens mit der neuen Modellreihe im Herbst werde man die Auswirkungen der EU-Massnahmen wohl zu spüren bekommen.

Der deutsche Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling äusserte sich mit Blick auf die Reaktionen der Finanzmärkte auf den Handelsstreit relativ gelassen. "Die Märkte erweisen sich als erstaunlich widerstandsfähig gegenüber diesen widrigen Rahmenbedingungen", sagte er. Allerdings müsse man beobachten, wie sich dieser Konflikt mit den USA weiter entwickele und wie er sich auf die Gewinne und Umsätze der Firmen auswirke, sagte er Reuters.

US-Präsident Trump hatte Anfang März entschieden, Stahleinfuhren mit Importzöllen von 25 Prozent und Aluminiumlieferungen mit zehn Prozent zu belegen. Seit dem 1. Juni gelten diese Abgaben auch auf EU-Produkte.

(Reuters)