Die Übernahme umfasst laut Angaben von Sonova vom Freitag die Consumer Division mit einem Umsatz von rund 250 Millionen Euro und rund 600 Beschäftigten. Zum Geschäft zählen vor allem Premium-Kopfhörer (True Wireless Hearables), aber auch Produkte für milden Hörverlust und Lautsprecher für Privatkunden. Das Geschäft mit Profi-Kunden verbleibt bei der Gründerfamilie Sennheiser. Es umfasst Mikrofone, Drahtlostechnik für den Medien-Bereich sowie Konferenztechnik.

Der Kaufpreis für die Division, die nun den Besitzer wechselt, beläuft sich auf 200 Millionen Euro in bar, teilte der Stäfner Hörgerätehersteller mit. Der Zukauf werde aus vorhandenen Mitteln finanziert. Er trage von Anfang an zum Gewinn bei. Laut CEO Arnd Kaldowski verwässert er zwar die Gewinnmargen - aber nur vorübergehend. Die Übernahme solle bereits im zweiten Halbjahr 2021 abgeschlossen werden.

Sennheiser eine Wachstumschance

Sennheiser sei auch alleine eine Wachstumschance, erklärte Kaldowski im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. Denn das Geschäft mit True Wireless-Geräten wachse sehr stark. Sonova muss für die Marke Sennheiser nun aber unbefristet Lizenzgebühren bezahlen, um den Markennamen verwenden zu können.

Doch ergänze Sonova mit dem Kauf von Sennheiser Sonova das Angebot im Bereich der Hörlösungen und im Segment sprachoptimierter Hearables, weshalb sich dies lohne. Auch erhalte der Konzern damit Zugang zu neuen Kunden und Kanälen, sagte Konzernchef Arnd Kaldowski am Freitag an einer Telefonkonferenz zu Analysten.

Sennheiser soll als nun als viertes Standbein geführt werden, aber getrennt von den anderen Bereichen und von einem eigenen Team. "Für die Konsumenten ändert sich nichts, die Geräte werden unter der gleichen Marke weitervertrieben", sagte Kaldowski. Die bisherigen Sonova-Abteilungen heissen Hearing Instruments (u. a. das Geschäft mit Hörgeräten), Audiological Care (Detailhandel) und Cochelar Implants (Implantate für gehörlose Menschen).

Keine Hörgeräte made by Sennheiser

Hörgeräte unter der Marke Sennheiser seien nicht geplant. "Es ist wichtig, dass die Marken getrennt bleiben. Wer einen Hörverlust sucht ein medizinisches Gerät und geht zum Audiologen", sagt Kaldowski. Kopfhörer kaufe man sich selbst.

"Die Marke Sennheiser steht für Consumer Devices und bestehende Sonova Marken wie Phonak und Unitron für Medical Devices", so der Manager mit Verweis auf die englischen Fachbegriffe. Die Trennung sei wichtig, dass es nicht zu einer Verwässerung der Marken komme. Synergien sollen aber genutzt werden.

Sonova erhofft sich durch den Sennheiser-Zukauf aber trotzdem auch eine bessere Akzeptanz von Hörhilfen. Viele Menschen würden dank der kabellosen Kopfhörer an Hörlösungen langsam herangeführt. Sie nützten Kopfhörer zunächst ohne Hörverlust. In ihrem Lebenszyklus komme es dann aber vielfach zu einem solchen. "Die Verbindung mit Sennheiser erleichtert den Übergang zu Sonova-Hörhilfen", erklärte Kaldowski.

An der Börse kommt der Schritt gut an. Die Sonova-Aktie steigt am Freitagvormittag in einem freundlichen Markt um 1,2 Prozent.

Analysten zufrieden

Analysten beurteilen den Kauf von Sennheiser als einen strategisch klugen Zug. Die Akquisition verschaffe Sonova Zugang zum sogenannten OTC-Geschäft in den USA, also den rezeptfreien Verkauf von Hörhilfen über den Detailhandel, kommentierte etwa Bernstein. Dies verbessere die Wettbewerbsposition gegenüber den Konkurrenten GN und Demant, die bereits über nicht-medizinische Vertriebskanäle verfügten.

Damit könne Sonova eine Lücke im Portfolio schliessen, heisst es denn auch bei den Experten der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Das OTC-Geschäft sei langfristig eine grosse Gefahr für den traditionellen Hörgerätemarkt. Doch nun könne Sonova wenigstens mit einer starken Marke in den US-OTC-Hörgerätemarkt eintreten.

(AWP)