Die Preise für Wohneigentum sind 2019 so stark gestiegen wie seit 2014 nicht mehr. Laut dem UBS Real Estate Focus 2020 betrug das Wachstum 2 Prozent. Nach wie vor sind die rekordtiefen Zinsen und die damit verbundene Jagd der Investoren nach Rendite die Haupttreiber für die steigenden Preise. Dabei sind die Zentrumslagen mehr betroffen als die Peripherie.

Laut Ursina Kubli, Leiterin Immobilien Analytics bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB) wird die Steigerung der Eigenheimpreise 2020 deutlich anziehen. "Wir erwarten für 2020 ein schweizweites Preiswachstum von 3,5 Prozent", sagt die Immobilienexpertin im cash-Börsen-Talk. "Der Hauptgrund für die Preissteigerungen ist, dass das Angebot nach wie vor knapp ist. "

Bei den hohen Preisen stelle sich zunehmend die Frage, wer sich Wohneigentum noch leisten könne. Auch eine weitere Reduktion der Zinsen werden diesen "Flaschenhals" nicht beseitigen: "Welche Mieter haben genügend Einkommen und Vermögen, so dass sie eine Hypothek bekommen?" - Kubli spricht damit das weit verbreitete Problem an, dass die Kosten für Wohneigentum für durchschnittliche Einkommen und Familien immer weniger erschwinglich wird.

Leerstandsproblematik bei Mietwohnungen

Bei Mietwohnungen hingegen sind vor allem Wohnungsleerstände im Schweizer Immobilienmarkt ein grosses Thema. Die Leerstandsquote von Wohnungen ist 2019 von 1,62 auf 1,66 Prozent gestiegen. Der Anstieg geht hauptsächlich auf leerstehende Mietwohnungen zurück, dessen Zahl Ende 2019 knapp 70'000 erreichte. Es wird viel gebaut, da sich renditeorientierte Anleger in einem zins- und renditearmen Umfeld durch Immobilen angemessene Einnahmen erhoffen.

Ursina Kubli prognostiziert: "Wir rechnen mit keiner Stabilisierung. Es ist sicher so, dass dieses Jahr noch zahlreiche Mietwohnungen fertiggestellt werden. Ebenso wird die Zuwanderung nicht reichen, um diese Zunahme zu absorbieren." Zusätzlich kommt hinzu, dass sich die meisten aktuellen Bauprojekte auf den Mietwohnungsbau beschränkten.

Anzahl leerstehender Mietwohnungen in der Schweiz seit 1994 / Quelle: Bundesamt für Statistik (Bfs), eigene Darstellung.

Die Preise steigen bei den Mietliegenschaften stark, es ist auch von einer Blase die Rede. Trotzdem investieren nach wie vor aber institutionelle Investoren wie Versicherer in grossem Stil in dieses Segment. In diesem Umfeld betrachtet Ursina Kubli steigende Zinsen neben den Leerständen als "das Risiko" bei Renditeliegenschaften.

Stadt-Land Graben bei den Mieten

Bei den Mietenzinsen zeigt sich den Leerständen entsprechend ein Stadt-Land Graben. Während die Mieter in eher ländlich geprägten Regionen wegen den steigenden Leerständen 2019 von Mietzinsreduktionen profitierten, stiegen die Mieten in den Grossstädten wie Zürich weiter an.

"Auf dem Land, wo viele nicht wohnen möchten oder wo Wohnungen alt sind, reichen geringe Mietsenkungen nicht aus, um diese Wohnungen zu vermieten." Der Leerstand bei den Mietwohnungen schmälert in den am stärksten betroffenen Regionen wie Solothurn und dem Tessin zusehends die Mietzinserträge. Laut einer UBS-Studie liefert im Durchschnitt dort bereits jede Wohnung einen Monat pro Jahr keine Einnahmen.

In den städtischen Gebieten hingegen dürfte der Wohnraum dank der Zuwanderung aber weiterhin knapp sein, was sich auch in Form höherer Mieten weiterhin bemerkbar machen könnte. Der Stadt-Land-Graben wird daher auch in Zukunft weiter wachsen.

Airbnb als Mietzinstreiber

Da immer mehr Mietwohnungen leer stehen, hat die Raiffeisen-Gruppe im November vorgeschlagen, dass der Wohnungsvermittler Airbnb ein Ausweg aus dem Renditetief darstellen könnte. Die Kurzzeitvermietung ergibt gegenüber der Langzeitmiete meist die höhere Rendite. Die Zahl der angebotenen Objekte auf Airbnb beläuft sich in der Schweiz mittlerweile auf fast 60'000, eine Verdopplung innerhalb von drei Jahren.

Gemäss Ursina Kubli hat diese Entwicklung Auswirkungen auf die Mietzinse: "Man kann durchaus argumentieren, dass Wohnraum entzogen wird. Es werden Wohnungen auf Airbnb gehandelt, welche ansonsten fix vermietet würden. Gerade in den Städten, wo das Angebot knapp ist, wird das Angebot zusätzlich reduziert."

Zum Video-Interview mit Ursina Kubli geht es hier.

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