Die jüngere Generation kennt es nur noch vom Hörensagen: Sparkonten mit mehreren Prozent Zins drauf. Seit dem Jahr 2003 rentiert diese Anlageform mit weniger als 1 Prozent, heute sind es sogar praktisch null Prozent. Und der Zinsdruck nach unten hält an. So rentieren (sichere) zehnjährige Bundesobligationen derzeit auf einem Rekordtief (minus 1 Prozent).

Dabei betrug die Verzinsung von Sparkonten Mitte der 1970er und Anfang der 1990er Jahre zwischenzeitlich stolze 5 Prozent. Die Entwicklung der durchschnittlichen Verzinsung von Sparkonten in der Schweiz seit dem Jahr 1932 wird in folgender Grafik illustriert:

(function() { 'use strict'; window.addEventListener('message', function(event) { if (typeof event.data['datawrapper-height'] !== 'undefined') { for (var chartId in event.data['datawrapper-height']) { var iframe = document.getElementById('datawrapper-chart-' + chartId) || document.querySelector("iframe[src*='" + chartId + "']"); if (!iframe) { continue; } iframe.style.height = event.data['datawrapper-height'][chartId] + 'px'; } } });})();Der Zinszerfall begann im Jahr 1993. Diverse Faktoren, wie etwa die Alterung der Gesellschaft, eine weniger anwachsende Produktivität oder (einige Jahre später) auch die Nachwirkungen der Finanzkrise 2007/08 inklusive der Eingriffe der Notenbanken haben seither zu einem immer tieferen Zinsniveau geführt.

Doch ein zusätzlicher Faktor darf nicht ausser Acht gelassen werden, wenn man die realen Zinsen ermitteln möchte: die Inflation. Sie misst die Preisänderung im Vergleich zum Vorjahr für Waren und Dienstleistungen, die für private Haushalte bedeutsam sind. Sie zeigt also auf, wie viel mehr oder weniger sich ein durchschnittlicher Schweizer heute im Vergleich zum Vorjahr mit demselben Vermögen leisten kann.

Derzeit liegt die Inflation in der Schweiz bei 0,6 Prozent. Das heisst: Für das gleiche Güterbündel, das im Vorjahr 1000 Franken kostete, muss man heute 1006 Franken hinblättern. Man muss also auf im Vorjahr verdiente 1000 Franken 0,6 Prozent Zins bekommen, um unter dem Strich nicht Geld zu verlieren.

Inflation: Das schier unzähmbare Biest

Die Inflation kann dann und wann ein fast unzähmbares Biest sein: In der Schweiz betrug die Preisteuerung während des zweiten Weltkrieges über 17 Prozent, zu Zeiten der Ölkrise Mitte der 1970er waren es mehr als 11 Prozent und Anfang der 1990er, während der Immobilienkrise, mehr als 6 Prozent. Umgekehrt war sie in einigen Phasen - vor allem in den letzten zehn Jahren - negativ.

Hier die historische Entwicklung der Inflation in der Schweiz:(function() { 'use strict'; window.addEventListener('message', function(event) { if (typeof event.data['datawrapper-height'] !== 'undefined') { for (var chartId in event.data['datawrapper-height']) { var iframe = document.getElementById('datawrapper-chart-' + chartId) || document.querySelector("iframe[src*='" + chartId + "']"); if (!iframe) { continue; } iframe.style.height = event.data['datawrapper-height'][chartId] + 'px'; } } });})();

Grosse Ausschläge in der Inflation führen zu einer hohen Planungsunsicherheit für Firmen und für die Wirtschaft im Allgemeinen. Deshalb sieht es die Schweizerische Nationalbank (SNB) als ihr oberstes Ziel an, für Preisstabilität zu sorgen und eben die Inflation unter Kontrolle zu halten. Damit sich Schweizerinnen und Schweizer für den gleichen Betrag jedes Jahr in etwa gleich viel leisten können. Die Inflation befand sich in den letzten 20 Jahren mehrheitlich im von der SNB definierten Zielband von 0 bis 2 Prozent.

Für Privatpersonen ist letzten Endes derjenige Zins entscheidend, der die Inflation - also die Teuerung der Alltagsgüter - ausklammert. Zu diesem Zweck hat cash in folgender Grafik die Teuerung der Konsumentenpreise von den Sparzinsen abgezogen. Das ergibt dann den realen Sparzins. Mit einem überraschenden Resultat:

(function() { 'use strict'; window.addEventListener('message', function(event) { if (typeof event.data['datawrapper-height'] !== 'undefined') { for (var chartId in event.data['datawrapper-height']) { var iframe = document.getElementById('datawrapper-chart-' + chartId) || document.querySelector("iframe[src*='" + chartId + "']"); if (!iframe) { continue; } iframe.style.height = event.data['datawrapper-height'][chartId] + 'px'; } } });})();

Die Grafik zeigt: Immer wieder gab es Phasen mit realen Negativzinsen auf Sparkonten. Am ausgeprägtesten waren diese in den Jahren 1941 (minus 15 Prozent) und 1973 (fast minus 8 Prozent), als im Vergleich zu heute sogar noch deutlich negativere Werte erreicht wurden. Über die Zeit seit 1932 bis heute gesehen betrug der reale Sparzins pro Jahr im Schnitt gerade mal 0,08 Prozent. Und in 40 Prozent aller Monate seit 1932 gab es auf Sparzinsen einen negativen realen Zins.

Was bedeutet das für Sparer? Sie haben in der Vergangenheit schon häufig Geld verloren. Nur "übertünchte" meist die hohe Inflation die Negativverzinsung, so dass die Sparer stets im Glauben waren, mit Sparzinsen Geld zu verdienen. Unter Ökonomen wird dieses Phänomen "Geldwertillusion" genannt - also die Nichtwahrnehmung der Inflation. Da derzeit aber die Inflation so ausserordentlich tief ist, fliegt diese Illusion nun auf.

Was ist eigentlich ein Zins?

Das Wort Zinsen kommt vom lateinischen "Census", was eigentlich "Abschätzung" heisst. Gemeint ist heute aber ein Betrag, den man von der Bank für seine Einlagen erhält oder der für geliehenes Geld bezahlt werden muss. Es ist also eine Entschädigung für zur Verfügung gestelltes Kapital. Die wichtigsten Zinsen werden an den Finanzmärkten festgelegt und bezahlt.

Notenbanken beeinflussen mit ihrem Leitzins die Konditionen, zu denen sich Geschäftsbanken bei ihr kurzfristig mit Geld versorgen können. Die Banken wiederum geben die Konditionen der Notenbank (mit einer Marge) an die Kunden weiter. Niedrige Zinsen sind grundsätzlich für Kreditnehmer hilfreich und kurbeln die Wirtschaft an, führen aber auch zu einer höheren Verschuldung. Höhere Zinsen hingegen bringen Geldgebern eine höhere Rendite ein, klemmen die Wirtschaftsleistung aber etwas ab, da Geld leihen - etwa für einen Kredit oder eine Hypothek - teurer wird.