Weltweit tätige Konzerne müssen sich auf eine globale Mindeststeuer einstellen. Die USA brachten dafür am Donnerstagabend einen Satz von 15 Prozent ins Spiel. Deutschland und Frankreich halten dieses Niveau für realistisch und rechnen mit einer Einigung noch in diesem Jahr.

Sie hoffen, damit Steueroasen austrocknen zu können. Bundesfinanzminister Olaf Scholz sprach am Freitag sogar von einem Durchbruch. Experten verwiesen aber darauf, dass es für große deutsche Konzerne Nachteile geben könnte. Unklar ist, ob für Internet-Konzerne darüber hinaus neue weltweite Regeln gefunden werden.

"Das ist wirklich ein Durchbruch", sagte SPD-Kanzlerkandidat Scholz in Lissabon, wo sich die Euro-Finanzminister erstmals seit acht Monaten wieder zu einer Präsenzsitzung trafen. "Wir brauchen eine Verständigung. Und das wird jetzt geschehen."

Bessere Chancen für eine Einigung

Mit dem US-Vorschlag sei dies sehr realistisch geworden. Die neue US-Regierung von Präsident Joe Biden mache wirklich einen Unterschied und damit eine Einigung auf internationaler Ebene bis zum Sommer möglich. Eine bessere Chance dafür habe es bislang nie gegeben.

Unter dem Dach der Industriestaaten-Organisation OECD streben knapp 140 Länder eine Steuerreform mit zwei Säulen an, einer globalen Mindeststeuer und einer neuen Form der Besteuerung digitaler Dienstleistungen. Letzteres soll die Steuerregeln an das digitale Zeitalter anpassen und Schwellenländer gegenüber Industriestaaten besserstellen.

"Für viele international agierende Unternehmen aus Deutschland dürfte das effektiv eine höhere Steuerlast bedeuten, da diese einen Teil ihres Aufkommens nicht in Deutschland versteuern, sondern in Ländern mit deutlich niedrigeren Steuersätzen", sagte Jens Boysen-Hogrefe vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) der Nachrichtenagentur Reuters.

"Die Mindestbesteuerung kann somit für die Eigentümer, aber auch für die Kunden und Beschäftigten dieser Unternehmen Nachteile mit sich bringen."

Bis zu 100 Milliarden Dollar zusätzlich für den Fiskus?

Einer früheren OECD-Schätzung zufolge könnte die geplante Steuerreform pro Jahr bis zu 100 Milliarden Dollar zusätzlich in die Kassen der Staaten spülen, in denen wegen der Coronavirus-Pandemie derzeit in vielen Fällen riesige Löcher klaffen.

Das wären bis zu vier Prozent der jetzigen Einnahmen aus der Besteuerung von Unternehmen. Der Löwenanteil würde auf die Mindeststeuer entfallen. Vielen Weltkonzernen, vor allem Internet-Giganten wie Amazon, wird vorgeworfen, durch geschickte Gewinnverlagerungen kaum beziehungsweise vergleichsweise wenig Steuern zu zahlen.

Die Rufe nach einem faireren Beitrag sind in den vergangenen Jahren immer lauter geworden. Sollten die Pläne für eine weltweite Steuerreform scheitern, gehen Experten davon aus, dass es einen Flickenteppich an Digitalsteuern geben wird - und womöglich neue Handelsstreitigkeiten.

Bislang hatten sich die USA für eine weltweite Mindeststeuer von 21 Prozent starkgemacht. Bei einer OECD-Sitzung präsentierte die US-Regierung nun aber den neuen Vorschlag, den sie als Untergrenze betrachtet und nach Möglichkeit mehr rausholen will. 21 Prozent waren in der Europäischen Union umstritten, die EU-Kommission vermied daher eine klare Positionierung.

Der Teufel liegt im Detail

Vor allem die Niederlande, Luxemburg und Irland bremsen, weil dort vergleichsweise niedrige Steuersätze gelten. EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni sagte, eine internationale Einigung sei möglich. Noch seien wir aber nicht da.

Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sagte, 15 Prozent könnten ein guter Kompromiss für die Mindeststeuer sein. Es komme aber nicht allein auf die konkrete Zahl an. Zusätzlich müsse es eine Verständigung auf ein neues Rahmenwerk zur Besteuerung digitaler Dienstleistungen geben.

Das müsse spätestens beim Treffen der G20-Finanzminister im Juli in Venedig gelingen. Hier liegt der Teufel aber im Detail. Auch Hersteller von Konsumgütern oder traditionelle Industriebetriebe könnten einbezogen werden, wenn sie Produkte online vertreiben. Wo genau die Grenze gezogen wird, ist entsprechend umstritten. 

(Reuters)