Mit der Immobiliengesellschaft Investis erhält die Schweizer Börse in den nächsten Monaten womöglich ein neues Mitglied. Damit setzt sich ein Trend fort, der die Attraktivität von Schweizer Wohneigentum widerspiegelt. Es wäre seit 2014 nach Hiag und Plazza bereits das dritte Immobilien-Unternehmen, das den Sprung aufs Schweizer Börsenparkett wagt – ihre Gesamtzahl würde auf 14 anwachsen.

Gemessen am Portfoliowert ist Investis zwar ein eher kleiner Player, aber doch fast doppelt so gross wie die im Vorjahr von Conzzeta abgespaltene Plazza. 2015 erzielte die Gruppe einen Gesamtumsatz von 157 Millionen Franken, einen EBIT von 60 Millionen und einen Reingewinn von 45 Millionen.

Grundsätzlich bleibt das Immobilien-Segment in der Schweiz gefragt. Der entsprechende Index an der Schweizer Börse gehört mit einem Wertzuwachs von 10 Prozent im laufenden Jahr zu den erfolgreichsten. Bei Plazza sieht die Entwicklung so aus:

Ein lohnendes Investment: Aktienkurs von Plazza seit dem Börsengang im Juni 2015; Quelle: cash.ch

Und doch stellen sich im Fall von Investis einige Fragen. Beim Immobilienportfolio, das gegenwärtig einen Wert von 857 Millionen hat, liegt der Fokus auf mittelpreisigen Wohnliegenschaften in der Genferseeregion. Wohnimmobilien sind als Anlagethema derzeit spannender als Büro- oder Retail-Liegenschaften. "Die entscheidende Frage ist aber, ob und in welchem Mass Mietenwachstum möglich ist", sagt ein Kenner der Szene zu cash. Die Mieteinnahmen von Investis wuchsen 2015 um 3,4 Prozent, 2014 waren es 2 Prozent.

Schwieriger wird es beim regionalen Fokus. Die Kantone Genf und Waadt machen 91 Prozent des Liegenschaften-Portfolios bei Investtis aus. Die Region Genfersee gilt schon seit längerem als Region mit Korrekturpotenzial. Der Immobilienindex der UBS identifiziert diese, Teile der Innerschweiz, Zürich sowie Basel-Stadt als sogenannte Schweizer "Gefahrenregionen" in Bezug auf eine Preisblase.

Doch die Konzentration auf eine Region kann auch von Vorteil sein. Durch die genaue Kenntnis eines Marktes und gute Kontakte zu Immobilienbrokern kann man sich einen Vorteil verschaffen.

Können die Aktionäre mitreden?

Fraglich ist auch, inwiefern die Besitzverhältnisse das Anlegerinteresse beeinflussen. Investis befindet sich im Alleinbesitz von Gründer Stéphane Bonvin. Die Zügel will der CEO jedoch nicht aus der Hand geben. Er werde weiterhin eine "solide" Mehrheitsbeteiligung an Investis halten, heisst es in der am Dienstag verschickten Medienmitteilung. 

Wie Reuters berichtet, sollen nach dem IPO rund 30 Prozent aller Aktien frei handelbar sein. Ein Firmengründer, der einen Mehrheitsbeteiligung hält und zugleich operativer Chef des Unternehmens ist - eine derartige Konstellation hat noch nie Investoren in Scharen angezogen. 

Das allgemeine Umfeld für einen Börsengang wird als gut eingeschätzt. Investis wäre bereits der dritte Börsenneuling im laufenden Jahr. Die Beispiele von VAT und Wisekey (siehe Chart unten) zeigen allerdings, dass die Anleger genau hinschauen und bei weniger überzeugenden Angeboten nicht zugreifen. Vor knapp zwei Jahren musste Ledermann Immobilien den geplanten Börsengang aus mangelndem Investoreninteresse gar abblasen. 

IPO-Flop: Aktie von Wisekey seit dem Börsengang im März; Quelle: cash.ch

Der geplante Börsengang von Investis werde voraussichtlich aus einer primären und einer sekundären Aktienkapitalkomponente bestehen, teilt das Unternehmen am Dienstag mit. Mit der primären Komponente werde ein Bruttoerlös in der Grössenordnung von 150 Millionen Franken angestrebt. "Der Börsengang gibt uns die Möglichkeit, die sich aus der Konsolidierung und Digitalisierung ergebenden Marktchancen noch besser zu nutzen", lässt sich CEO Bonvin zitieren.

Die Westschweizer verfügen seit 2011 noch über ein zweites Standbein. Der Bereich Immobilien-Dienstleistungen erzielte 2015 Einnahmen von 131 Millionen und ein operative Ergebnis (EBIT) von 6 Millionen.