Der wirtschaftliche Stillstand in der Corona-Krise und die Massenarbeitslosigkeit treffen die erfolgsverwöhnten US-Banken mit voller Härte. Angesichts der trüben Aussichten wappnen sie sich für Kreditausfälle in Milliardenhöhe. Der Gewinn von Branchenprimus JP Morgan sackte im ersten Quartal um gut zwei Drittel auf 2,9 (Vorjahr: 9,2) Milliarden Dollar ab. Noch stärker war der Rückgang bei Wells Fargo, deren Gewinn auf 653 Millionen Dollar von 5,9 Milliarden Dollar abstürzte.

"Angesichts der Wahrscheinlichkeit einer schweren Rezession war es notwendig, die Kreditreserven zu erhöhen", sagte JP-Morgan-Chef Jamie Dimon am Dienstag. Die grösste Bank der USA stockte die Rückstellungen für faule Kredite um 6,8 Milliarden auf 8,3 Milliarden Dollar auf, Wells Fargo erhöhte sie um 3,2 Milliarden auf vier Milliarden Dollar. Weitere Belastungen drohen.

Die Corona-Pandemie hat auch in den USA grosse Teile der Wirtschaft lahmgelegt, 16 Millionen Amerikaner haben bereits ihre Jobs verloren. Viele von ihnen haben kaum Reserven, auf die sie nun zurückgreifen können.

Weitere Kreditausfälle drohen

Laut einer Studie der US-Notenbank Fed von 2019 würden 39 Prozent der Amerikaner ins Straucheln geraten, wenn sie eine unerwartete Ausgabe von 400 Dollar stemmen müssen. Das wird nun auch zur Belastung für die Banken, die in den vergangenen Jahren ihr Geschäft mit Konsumkrediten und Kreditkarten kräftig ausgebaut und lange Zeit davon profitiert haben.

Im zweiten Quartal und den Folgequartalen drohten weitere erhebliche Kreditausfälle, warnte JP-Morgan-Finanzchefin Jennifer Piepszak. Wie hoch diese ausfallen werden, hänge im Wesentlichen vom Erfolg der staatlichen Wirtschaftshilfen ab. Vorstandschef Dimon, der nach einer Herzoperation erst vor kurzem wieder an den Arbeitsplatz zurückgekehrt ist, betonte, dass die Bank für schwere Zeiten gewappnet sei. JP Morgan verfüge über mehr als eine Billion Dollar an liquiden Mitteln.

Jahrelang waren die grossen Wall-Street-Banken auch wegen der höheren Zinsen in den USA und der Steuersenkung von US-Präsident Donald Trump von einem Rekordquartal zum nächsten geeilt und hatten ihren Abstand auf die europäischen Konkurrenten immer weiter vergrössert. Ein Grossteil der Gewinne floss in Form von Aktienrückkäufen und Dividendenausschüttungen an die Aktionäre.

Niedrige Zinsen belasten

"Der Konzern ist aus einer Position der Stärke in die Krise gegangen", sagte Dimon und verwies auf die harte Kernkapitalquote von 11,5 Prozent. Sie ist allerdings geringer als bei vielen europäischen Geldhäusern.

Bei JP Morgan brach das Ergebnis im Privatkundengeschäft im ersten Quartal um 95 Prozent auf nur noch 191 Millionen Dollar ein. Grund dafür waren vor allem hohe Rückstellungen für Verluste im Kreditkartengeschäft. Zudem liessen die niedrigeren Zinsen in den USA den Zinsüberschuss schmelzen.

Auch im Firmenkundengeschäft spürte JP Morgan hohe Belastungen durch faule Kredite etwa an die Öl- und Gasindustrie, die unter dem Verfall der Ölpreise leidet. Der Gewinn der Sparte "Commercial Banking" brach um 86 Prozent auf 147 Millionen Dollar ein.

Bilanzsaison der US-Banken eröffnet

Ein Lichtblick für die Wall-Street-Bank war der Handel mit Wertpapieren, der wegen der Börsenturbulenzen Rekorderträge erzielte. Die Einnahmen im Anleihehandel schossen um 32 Prozent in die Höhe, im Aktienhandel stiegen sie um 28 Prozent. Die Konzernerträge schrumpften um drei Prozent auf 29,1 Milliarden Dollar. Anders als JP Morgan hat Wells Fargo kein nennenswertes Kapitalmarktgeschäft. Die Erträge brachen daher um 18 Prozent auf 17,7 Milliarden Dollar ein.

Die beiden Geldhäuser eröffneten die Bilanzsaison der US-Banken. Am Mittwoch legen Bank of America, Citigroup und Goldman Sachs ihre Zahlen vor, am Donnerstag folgt Morgan Stanley. Analysten erwarten auch bei diesen Geldhäusern kräftige Gewinnrückgänge. 

(Reuters/cash)