Die chinesische Wirtschaft kommt nach dem Corona-bedingten Einbruch nur schwer wieder in Gang. Die Industrie steigerte ihre Produktion im Mai langsamer als erwartet, während der Einzelhandel erneut sinkende Umsätze meldete und auch die Investitionen schrumpften. "Es gibt immer noch einige Schwierigkeiten und Unsicherheiten", fasste das Statistikamt am Montag die Entwicklung der Konjunktur zusammen.

Die Industrie fuhr ihre Produktion im Mai um 4,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat hoch. Das war der zweite Anstieg in Folge und das grösste Plus seit Dezember 2019. Allerdings hatten von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen mit einem deutlicheren Wachstum von 5,0 Prozent gerechnet. "Die Industrieproduktion verbessert sich im Grossen und Ganzen", sagte Experte Jiang Yuan vom Statistikamt. Dem Exportweltmeister macht allerdings die Rezession vieler Handelspartner wie den USA zu schaffen, wodurch die Nachfrage nach Produkten "Made in China" gedrückt wird. Die Unternehmen sind daher stärker auf den Binnenmarkt angewiesen.

Hier stehen die Weichen allerdings auch noch nicht auf Aufschwung. Der Umsatz im Einzelhandel fiel im Mai um 2,8 Prozent und damit bereits den vierten Monat in Folge, wenn auch deutlich langsamer als im April mit 7,5 Prozent. Der starke Abbau von Arbeitsplätzen infolge der Coronakrise und die Angst vor einer zweiten Infektionswelle trüben die Kauflaune vieler Verbraucher. Gesunken sind auch die Investitionen der Unternehmen in Maschinen, Fahrzeuge und andere Anlagen. Sie fielen von Januar bis Mai um 6,3 Prozent zum Vorjahreszeitraum und damit etwas stärker als angenommen.

Viele Ökonomen gehen dennoch davon aus, dass die nach den USA zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt im laufenden zweiten Quartal wieder wächst. Das Bruttoinlandsprodukt ist im ersten Quartal auf dem Höhepunkt der Corona-Epidemie wegen Werkschliessungen und Ausgangssperren mit einem Minus von 6,8 Prozent erstmals überhaupt seit Einführung der vierteljährlichen Statistik gefallen. "Wir glauben, dass der instabile Arbeitsmarkt und die Sorgen um die Gesundheit die Hauptfaktoren sind, die die Erholung bremsen", sagte Iris Pang, ING-Chefvolkswirtin für den Grossraum China. "Die Menschen blieben selbst während des langen Urlaubsmonats Mai immer noch zurückhaltend bei ihren Ausgaben."

(Reuters)