Die Meldung sorgte unter den cash-Lesern über die Ostertage für viele Kommentare und Diskussionen. Kühne+Nagel-Mehrheitsaktionär Klaus-Michael Kühne hatte in einem Interview mit der "Welt am Sonntag" gesagt, die Schweiz sei unberechenbar geworden und er erwäge deshalb, einen Teil seines Konzerns aus der Schweiz abzuziehen.

Weil Kühne+Nagel internationale Topmanager brauche, stelle die mögliche Kontingentierung der Zuwanderung in die Schweiz ein Problem für das Transportunternehmen dar, so Kühne weiter. Allgemein sei es in der Schweiz populär geworden, unkonventionell abzustimmen. "Das Land kann nicht auf einer Insel leben."

"Reine Angstmacherei"

Diese Äusserungen stossen bei den cash-Lesern auf wenig Verständnis. "Wo will er denn hin? Nach Russland?" fragt User Walter Scharnagl zynisch. User Reto Baer nennt Kühnes Vorgehen "reine Angstmacherei". Die Initiative werde ohnehin nur zögerlich umgesetzt. Auch "MrDoubt" schreibt, Kühne betreibe "nur schlechte Stimmungsmache."

Und Kommentator "Helmi" meint, Kühne geniesse in der Schweiz viele Vorteile – als Unternehmer wie als Privatperson. "Er hat von den Steuervorteilen, der Privatsphäre und dem Staat Schweiz viel profitiert." Es werde deshalb deutlich, so "Helmi", dass Kühnes Handeln sehr ökonomisch geprägt sei. "Kostenorientiert. Menschlich möchte ich ihm nicht nahe stehen."

Es ist nicht das erste Mal, dass Kühne mit einem Wegzug aus der Schweiz droht. Vor der Abstimmung zur 1:12-Initiative sagte er in einem Interview mit der "Bilanz", bei Annahme der Initiative müsste sein Konzern wohl den Hauptsitz aus der Schweiz abziehen.

Abnehmende Attraktivität?

Doch Klaus-Michael Kühne ist mit seiner Drohung nicht allein. Seit Annahme der sogenannten Abzocker- und der Massenzuwanderungsinitiative haben verschiedene Unternehmen die Attraktivität der Schweiz als Wirtschaftsstandort infrage gestellt. So sagte Swissmem-Präsident Hans Hess kürzlich in einem cash-Video-Interview, grosse und mittelständische Unternehmen würden zusehends Teile ihre Produktion in Länder verschieben, wo sie bessere Rahmenbedingungen vorfinden.

Dennoch gilt die Schweiz aus internationaler Perspektive immer noch als äusserst attraktiver Standort. Laut einem aktuellen Index des Weltwirtschaftsforums zur Wettbewerbsfähigkeit belegt die Schweiz zum wiederholten Mal den ersten Platz – vor Ländern wie Singapur, Finnland oder Deutschland. Und trotz zunehmender Drohungen: Die Abwanderungen von bedeutenden Firmen halten sich in Grenzen.

Und wenn es Unternehmen wie Yahoo oder Weatherford dennoch tun, dann meistens aus Steuergründen. Beide verlegen ihre Standorte nach Irland, wo deutlich weniger Gewinnsteuern anfallen. Diese betragen in Irland 12,5 Prozent während sie sich im schweizerischen Durchschnitt auf 17,9 Prozent belaufen.

Seit 1969 in der Schweiz

Kühne+Nagel reagierte schon früher auf politische Ereignisse. So verlegte der Konzern seinen Hauptsitz 1969 in die Schweiz, nachdem in Deutschland die Sozialdemokratische Partei mit Kanzler Willy Brandt an die Macht gekommen war. Seither ist der Konzern in Schindellegi im Kanton Schwyz ansässig, wo er die meisten seiner Kadermitarbeiter beschäftigt.

Weltweit arbeiten rund 63'000 Personen für den Logistik-Riesen. Kühne sieht seine Branche vor grossen zukünftigen Herausforderungen. Die Boomzeiten seien vorbei, sagt er im erwähnten Interview. "Wahrscheinlich hat die Globalisierung ihren Höhepunkt überschritten."

Falls Kühne seine Drohung tatsächlich wahr macht und einen neuen Standort für sein Unternehmen sucht, hat cash-User "Clausewitz" auch bereits einen Vorschlag parat: "Ich rate Herrn Kühne, nach dem angedrohten Wegzug aus der Schweiz, gleich seinen neuen Hauptsitz auf einem seiner Containerschiffe, ausserhalb der Drei-Meilenzone, zu etablieren."