cash: Zusammen mit der SIX bringen UBS und ZKB eine weitere Bezahl-App auf den Markt, mit der Privatpersonen Geldbeträge per Smartphone überweisen können. Wie beurteilen Sie diesen Schritt?

Andreas Dietrich: Ich finde es grundsätzlich richtig, wenn Banken eine solche Vorwärtsstrategie umsetzen. Denn das Thema Bezahlen ist aus meiner Sicht eine relevantes und strategisch bedeutendes Geschäftsfeld von Retail-Banken. Auch wenn das gewisse Banken offenbar nicht so sehen.

Welchen Nutzen hat denn 'mobile payment' für die Banken?

In der aktuellen Anfangsphase ist es viel weniger ein monetärer als ein strategischer Nutzen. Solche P2P-Bezahlsysteme (Anm. d. Red.: Peer-to-Peer) sind das Eingangstor zum digitalen Bezahlen. Es geht schlussendlich darum, den Kunden besser kennenzulernen und an sich zu binden. Gerade das Sammeln von Kundeninformationen ist für Banken sehr wichtig. Nur so können sie massgeschneiderte Produkte entwerfen. In einem späteren Schritt gehe ich davon aus, dass das Payment kommerzialisiert wird, indem es auch im Handel respektive an der Kasse eingesetzt werden kann.

Auch andere Anbieter hoffen auf Erfolg mit ihren digitalen Brieftaschen. Welchem System trauen Sie am meisten zu?

Die Telekomanbieter oder die Postfinance verfolgen mit ihren Angeboten eine andere Strategie. Sie fokussieren in einem ersten Schritt auf das Bezahlen im Detailhandel oder das Sammeln von Treuepunkten. Mit der SIX-P2P Payment App Paymit ist das noch nicht möglich. Aber im Endeffekt ist es eine Frage der Strategie. Sollen zuerst die Kunden oder die Händler für ein System gewonnen werden?

Welche Strategie befürworten Sie?

Ich bin der Meinung, dass man vor allem die Kunden zuerst für dieses Thema sensibilisieren und auch begeistern muss und der Handel erst danach und mit der entsprechenden 'Marktmacht' angegangen werden soll. Daher ist der Einstieg über das P2P-Payment sicherlich ein gangbarer Weg. Gleichzeitig gefällt mir auch der Weg von TWINT, welche die Kunden vor allem durch ihr Loyalty Programm auf ihr System bringen wollen.

Besteht in der Schweiz das Bedürfnis, noch öfters bargeldlos zu bezahlen?

Das Bezahlen ohne Bargeld hat in der Schweiz bereits an Bedeutung gewonnen, doch der Prozess geht langsam voran. Es ist eine Eigenheit des Schweizer Marktes, dass sich Gewohnheiten nur langsam ändern. Aber Potenzial ist sicher vorhanden.

Wo stehen wir in fünf Jahren? Ist dann das mobile Bezahlen bereits stark verbreitet?

Die Geschwindigkeit der Verbreitung und ihre Erfolgschancen sind immer schwierig abzuschätzen. Ein Beispiel: Die Chat-App von Swisscom ist bislang ziemlich erfolglos unterwegs, Whatsapp hat sich aber durchgesetzt. Ich gehe aber davon aus, dass sich das mobile Bezahlen langfristig als weiterer Zahlungskanal etablieren wird.

Prof. Dr. Andreas Dietrich studierte an der Universität St. Gallen Wirtschaftswissenschaften und war anschliessend in der Unternehmensberatung tätig. Nach seiner Promotion an der HSG wurde er Dozent an der Hochschule Luzern mit Fokus auf die Fächer Corporate Finance, Banking und Alternative Investments. Zudem leitet er am Institut für Finanzdienstleistung Zug (IFZ) das Competence Center Financial Service.