Die im August vorgestellten Semesterzahlen der Tecan Group lesen sich prächtig: Knapp 5 Prozent mehr Umsatz (in Lokalwährung gar 8 Prozent), 22 Prozent mehr Betriebsgewinn und der Reingewinn legte sogar um 42 Prozent zu. Und als wäre das noch nicht genug, erhöhte Firmenchef Achim von Leoprechting noch die Prognose für das Gesamtjahr 2020. Man werde ein Umsatzwachstum in Lokalwährungen im hohen einstelligen Prozentbereich erzielen, heisst es.

Die Aktie des Laborausrüsters kennt ob der beeindruckenden Performance des Unternehmens kein Halten mehr. Seit Anfang Jahr ging der Kurs 65 Prozent in die Höhe, seit Anfang 2019 sogar ganze 140 Prozent. Das zeigt: Tecan ist nicht einfach nur ein Corona-Profiteuer. Auch wenn sich die Pandemie freilich als zusätzlicher Umsatz-Treiber erwiesen hat. Zwar stockte das Geschäft zu Beginn der Corona-Krise ein wenig, weil die Nachfrage nach Routine-Diagnosetests in Spitälern ausblieb.

Kursentwicklung der Tecan-Aktie seit Januar 2019, Quelle: cash.ch.

Prallvolle Auftragsbücher

Die Nachfrage nach Analysegeräten erfuhr jedoch einen Boom. Auch Reagenzien, Verbrauchsmaterialien und Servicedienstleistungen wurden mehr nachgefragt. Der Auftragsbestand erhöhte sich im ersten Semester um deutliche 25 Prozent. Wichtig hier: Der Anteil der wiederkehrenden Einnahmen stieg um zwei Prozent auf 46,6 Prozent an. Was zunächst nicht atemberaubend klingt, ist dennoch entscheidend. Solche Einnahmen gelten als Cashcow, welche die zukünftigen Umsätze und Gewinne planbarer machen.

Was bedeutet das jetzt für Anleger? Die Aktie ist derzeit so teuer bewertet wie nie. Das geschätzte Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2020 bewegt sich um die 60. 2019 waren es noch 44, 2018 lediglich 32. Ein solch hohes KGVs ist meist nur bei Fast-Grower-Aktien zu beobachten. Der Markt spekuliert hier also auf stark steigende Umsätze. Diese Phantasie ist bei Tecan durchaus begründbar. Das Unternehmen wächst seit Jahren stetig und dieses Jahr pusht Corona das Geschäft zusätzlich.

Akquisitionen als Wachstumstreiber

Ein wichtiger Treiber dürfte auch die Aussicht auf weitere grössere Investitionen sein. Tecan befindet sich inmitten einer Transformation vom reinen Laborgerätehersteller zum Anbieter von umfassenden Lösungen. Dafür investiert der Konzern in seine Infrastruktur – im ersten Halbjahr 2020 investierte Tecan viermal so viel wie im Vorjahr. Zudem geht der Konzern auf Einkaufstour und dürfte dies auch weiter tun. Das Geld dafür ist allemal da. Die Bilanz weist eine Nettoliquidität von 350 Millionen Franken und eine Eigenkapitalquote 70 Prozent aus.

Tecan ist in seiner Wandlung zu einem Anbieter von breiten Laborlösungen auf einem guten Weg. Mittelfristig sind die Aussichten gut. Die hohe Bewertung tut aus Sicht eines Anlegers aber schlicht weh. Auch wenn Tecan seine Umsatzziele erreicht, wird sich das KGV im nächsten Jahr noch immer auf hohen 50 bewegen. Kurzfristig scheint das Momentum noch da zu sein. Für einen längerfristigen Einstieg könnte es sich als klug erweisen, zukünftige Rücksetzer abzuwarten.