"Es herrscht Verwirrung: Handelt es sich um eine Normalisierung oder um eine Straffung?", sagte der 58-jährige heutige Vize-Chairman des US-Fondsriesen BlackRock im Gespräch mit Bloomberg TV. "Die Zentralbanken müssen sich sehr genau überlegen, wie sie kommunizieren und einen klaren Rahmen für ihre Massnahmen abstecken, und sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass niemand diesbezüglich Erfahrung hat."

An den Märkten ist diesem Jahr die Volatilität sprunghaft gestiegen. Mit dem wirtschaftlichen Neustart nach der Pandemie ist die Inflation auf Rekordniveaus geklettert, was die Händler dazu veranlasst hat, verstärkt auf Zinserhöhungen der Notenbanken zu wetten. Der Anleihemarkt hatte angesichts dessen 2022 einen so schwachen Start wie seit vielen Jahren nicht. Wilde Kursschwankungen bereiten so manch einem Fondsmanager schlaflose Nächte.

"Im Moment ist es unangenehm, weil sich das Regime geändert hat und die Leute sich daran gewöhnen müssen", sagte Hildebrand. "Vor nicht allzu langer Zeit sagten uns die Zentralbanken noch: Wir werden die Zinsen überhaupt nicht anheben. Das ist nun eindeutig vom Tisch, die Normalisierung hat begonnen, und der Markt versucht, seinen Weg zu finden."

Der Schwenk der Notenbanken ins Falkenlager in diesem Jahr folgt auf beispiellose Anleihekäufe auf dem Höhepunkt der Pandemie - nach Jahren extrem niedriger Zinsen. Inzwischen ist der globale Bestand an Anleihen mit negativer Verzinsung auf den niedrigsten Stand seit mehr als sechs Jahren gesunken - ein Zeichen dafür, dass die Ära des leichten Geldes zu Ende geht.

BlackRock ist weiterhin der Ansicht, dass Anleger Anleihen untergewichten sollten. Angesichts des Inflationsdrucks geht der Vermögensverwalter bei der Anlageklasse von negativen Erträgen aus. Da die Langläufer-Renditen im historischen Vergleich extrem niedrig sind, stelle sich zudem die Frage nach der Sicherheit solcher Staatspapiere. 

Hildebrand geht davon aus, dass die Zentralbanken mit einer höheren Inflation leben müssen. Eine zu starke Anhebung der Leitzinsen würde die Konjunktur über Gebühr belasten. "Diese Inflationsdynamik ist sehr unangenehm und in vielerlei Hinsicht nicht akzeptabel", so Hildbrand. Sie fusse jedoch auf Angebotsbeschränkungen und nicht auf einer überhitzten Wirtschaft.

(Bloomberg)