Der US-Index S&P 500, der dieses Jahr schon 14 Prozent verloren hat, dürfte bis Ende Jahr im Wesentlichen das Niveau halten. Die Märkte hätten die Fed-Zinserhöhungen bereits "absorbiert und eingepreist", schriebt Star-Stratege Kolanovic. Der Konsum in den USA werde eine Rezession verhindern und die Wiedereröffnung der Wirtschaft nach Corona werde die Märkte stützen, schrieb das Team um den Strategen in einem Kundenbrief diese Woche. 

Aus Sicht von JPMorgan ist eine Bodenbildung auch deshalb nahe, weil Aktienrückkäufe dem Markt neuen Schwung geben dürften. Die Zahl der angekündigten Rückkäufe hat bereits stark zugenommen, und diese Aktivität beläuft sich dieses Jahr schon auf 429 Milliarden Dollar. 

Die US-Märkte zeigten zuletzt Anzeichen einer Erholung. Aufsehen erregt hat die Aktie von Salesforce: Das Softwareunternehmen senkte diese Woche zwar die Umsatzvorgabe, hob aber die Gewinnprognose an. Der Aktienkurs stieg um fast 10 Prozent. 

Kolanovic war vergangenes Jahr der bestangesehene Stratege in einer Aktien-basierten Umfrage des Magazins "Institutional Investor". Er hat dieses Jahr allerdings schon mehrfach falschgelegen, als er im Zuge von Kursrückgängen dazu riet, den "Dip" zu kaufen. 

 

 

Kolanovics eigener Chef, JPMorgan-CEO Jamie Dimon, scheint bezüglich der weiteren Aussichten der Wirtschaft und der Märkte zudem anderer Meinung zu sein. Er warnte vor einem "ökonomischen Wirbelsturm", der sich gerade auf die US-Wirtschaft zubewege. "Wir wissen nicht, ob es ein kleinerer Wirbelsturm oder der Superhurrikan Sandy ist", sagte der Bankenlenker. "Aber bereiten sie sich besser drauf vor." Sandy war ein tropischer Wirbelsturm, der 2012 karibische Länder und die Atlantikküsten der USA und Kanadas heimsuchte und übe 200 Todesopfer forderte. 

Dimon selber ist aber auch nicht ganz konsistent. Vor einer Woche noch sprach er davon, dass sich die "Gewitterwolken" über der US-Wirtschaft wieder verziehen könnten. Die Diskussionen drehen sich darum, ob die US-Notenbank im Zuge ihrer Zinserhöhungen eine "weiche Landung" schafft oder ob sie mit ihrer geldpolitischen Straffung die Konjunktur abwürgt. 

Um den Optimisten Kolanovic wird es generell etwas einsamer. Einer der bekanntesten "Bären" der Wall Street, Michael Wilson von Morgan Stanley, erachtet den jüngsten Rebound als kurzlebig. Risiken bei den Unternehmensgewinnen und die hohe Inflation würden dafür sorgen, dass der S&P 500 bis Mitte August um weitere 18 Prozent fallen dürfte. 

(Bloomberg/cash)