Noch vor drei Wochen atmeten Schweizer Exporteure und die hiesige Tourismusbranche etwas auf. Die Schweizer Währung schien ihren Ruf als sicheren Hafen ein Stück weit verloren zu haben und wertete sich nach dem überraschenden Ende der Kursuntergrenze im letzten Januar stetig von 0,84 auf 1,12 Franken zum Euro ab.

Doch die Freude währte nur kurz: Der Euro-Franken-Kurs nimmt seither wieder Fahrt in die andere Richtung auf und erreichte am gestrigen Mittwoch bei 1,088 den tiefsten Stand seit mehr als sechs Wochen.

Entwicklung Euro-Franken-Kurs (1 Jahr), Grafik: cash.ch

Stellt diese erneute Frankenaufwertung nur einen kurzen Zwischenhalt auf dem Erholungspfad des Euro-Franken-Kurses dar, oder mutiert der Franken wieder zum gesuchten Rettungsanker der Anleger? Zumindest für David Bloom von HSBC scheint die Antwort klar zu sein: Vor einer Woche prophezeite der Währungsexperte im cash-Interview einen Euro bei 1,02 Franken - und das noch in diesem Jahr.

Bloom begründete diese "bullige" Frankenprognose damit, dass die Schweiz als gut aufgestelltes Land mit einem Leistungsbilanzüberschuss, einem hohen Bildungsstandard und guten Beziehungen zur EU quasi dazu prädestiniert sei, eine sich mit der Zeit stärkende Währung zu haben.

Die Mehrheit der cash-Leser sieht das allerdings anders. In der aktuellen Umfrage, bei der schon über 1600 Personen teilnahmen, zeigten sich zwei Drittel überzeugt, dass der Euro-Franken-Kurs in diesem Jahr nicht mehr so tief fallen wird. Bleibt also nur noch ein Drittel, welches die Lage so wie Bloom einschätzt.

Umfrage: Wir der Franken wieder stärker?

Umfrage zum Frankenkurs, Grafik: cash.ch

Dass sich der Franken über die letzten Monate abwertete, ist eigentlich erstaunlich in Anbetracht der weltweit unstabilen geopolitischen und ökonomischen Verhältnisse. Über die Gründe darf gestritten werden. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) beansprucht für sich, dass die im Januar 2015 von ihr eingeführten Negativzinsen und ihre Drohkulisse mit den Marktinterventionen nun ihre Wirkungen zeigen und Franken-Investoren abschrecken.

Analysten gehen aber davon aus, dass vielmehr die Europäische Zentralbank (EZB) mit dem Verzicht auf eine weitere Lockerung ihrer Geldpolitik der SNB half und abwertend auf den Franken wirkte. Dies gilt auch für die Zinserhöhung in den USA, die den Dollar wieder attraktiver machte - auch als Fluchtwährung.

Kommt die Ausweitung der Negativzinsen?

Doch der Wind hat inzwischen wieder gedreht: An die zunächst erwarteten vier Zinsschritte der US-Notenbank in diesem Jahr glauben nicht mal mehr die kühnsten Optimisten und der Druck auf die EZB, die Geldschleusen im Kampf gegen die schwache Inflation weiter zu öffnen, steigt wieder an. Beides spricht für eine sich weiter aufwertende Schweizer Währung.

Ob die SNB bei diesen Entwicklungen einfach nur tatenlos zusieht, ist allerdings fraglich. Denn die Schweiz wies im Jahr 2015 eine negative Inflation von minus 1,1 Prozent auf und befindet sich wohl auch in diesem Jahr noch bei Werten unter null - Haupttreiber ist der tiefe Erdölpreis. Ein schwächerer Franken – ausgelöst durch Devisenkäufe – könnte der ausbleibenden Inflation in der Schweiz einen Schubs geben.

Zieht diese Waffe nicht, hätte die SNB gar noch grösseres Geschütz in ihrem Arsenal: Eine Ausweitung der Negativzinsen von aktuell minus 0,75 auf minus 1,00 oder gar minus 1,25 Prozent. Dies würde dem Franken weiter Druck wegnehmen, da es für institutionelle Anleger dann noch unvorteilhafter wäre, neues Geld in Franken anzunehmen.