In den USA gibt es inzwischen mehr als 13'000 Kläger wegen des von Monsanto entwickelten Herbizids Glyphosat, das im Verdacht steht, Krebs zu erregen. In drei Fällen wurde Bayer bereits zu Schadenersatz verurteilt.

Für Schlagzeilen sorgte zuletzt auch der Skandal um geheime Kritiker-Listen, die Monsanto in mindestens sieben EU-Ländern führte, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Die Unwägbarkeiten lasten schwer auf der Aktie: Bayer ist an der Börse inzwischen weniger wert, als der Konzern für Monsanto gezahlt hat.

Vor Bayer liegt noch ein weiter Weg aus der Krise. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu:

Wie geht es an der Prozessfront weiter?

Das nächste Glyphosat-Verfahren beginnt im August vor einem Gericht im US-Bundesstaat Missouri, wo Monsanto seine Wurzeln hat und die Landwirtschaft zu den wichtigsten Branchen gehört. Zum ersten Mal wird sich dann eine Jury ausserhalb Kaliforniens mit dem Thema beschäftigen. Insgesamt sind für dieses Jahr noch mindestens zwei Verfahren zur Verhandlung angesetzt. Entscheidend werden allerdings die Berufungsverfahren sein. Dann urteilen - anders als in der Erstinstanz - professionelle Richter und keine Laienjurys. Bei der Berufung gegen das erste Glyphosat-Urteil rechnet Bayer Ende des Jahres mit einem Ergebnis.

Unterstützung erhofft sich das Unternehmen von der US-Umweltbehörde EPA, die jüngst ihre Einschätzung bekräftigte, dass Glyphosat nicht krebserregend sei. Bayers Anwälte argumentieren, dass die Erklärungen dieser Bundesbehörde Verbraucherklagen, welche auf Landesrecht basieren, ausschliessen. Laut US-Verfassung steht Bundesrecht über Länderrecht.

Doch Rechtsexperten weisen darauf hin, dass es hier zahlreiche Ausnahmen und Rechtssprechungen des US-Verfassungsgerichts gibt, welche die Berufungsverfahren von Bayer erschweren könnten. Vorstandschef Werner Baumann geht davon aus, dass die Rechtsstreitigkeiten den Konzern bis über das Jahr 2021 hinaus beschäftigen werden. Experten rechnen letztlich mit einem teuren Vergleich, der praktisch alle Klagen auf einmal vom Tisch räumen könnte.

Kann das Image wieder aufpoliert werden?

Baumann wollte eigentlich das positive Image von Bayer auf Monsanto - für Gentechnikgegner der Inbegriff des Bösen - übertragen und hatte versprochen, das Agrargeschäft nach der Übernahme "nach unseren Massstäben zu führen, wie in allen übrigen Geschäftsfeldern auch." Monsantos Ruf verfolgt Bayer nun aber wie die Motten das Licht, wie das Beispiel der geheimen Kritiker-Listen zeigt. "Bei so komplexen Unternehmen gibt es vorher praktisch keine Chance, alle dunklen Gräben auszuleuchten", erläutert Hartwin Möhrle, Geschäftsführer bei der Kommunikationagentur A&B One.

Für Christoph Burmann, Professor für innovatives Markenmanagement an der Universtität Bremen, zeigt das Beispiel Bayer, wie sehr Marken bei Übernahmen unterschätzt werden. "Wenn man sich einmal etwas gemerkt hat, ist es ganz schwierig, das aus dem Gedächtnis wegzuradieren." Nach Einschätzung von Marketingforscher Franz-Rudolf Esch von der EBS-Universität hat die Marke Bayer aber schon einiges durchgestanden und ist nach Krisen zu alter Stärke zurückgekehrt.

Richten soll es nun der neue Bayer-Cheflobbyist und ehemalige Grünen-Politiker Matthias Berninger. Er erarbeitet ein Nachhaltigkeitsprogramm für den Konzern, das im zweiten Halbjahr vorgestellt werden soll. Einen ersten Schritt hat Bayer gemacht und sich nach Bekanntwerden der Monsanto-Listen öffentlich entschuldigt.

Geht die Monansto-Rechnung auf?

Bayer ist mit der Übernahme von Monsanto zum weltgrössten Anbieter von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln aufgestiegen. Der Konzern argumentiert gegenüber Kritikern, dass man "nur mit moderner Landwirtschaft die Ernährung von morgen sichern" könne - also etwa Pflanzen, die Hitze und Trockenheit besser ertragen, wirksamen Pflanzenschutzmitteln und digitalen Technologien.

Bayer verweist dabei stets auf das prognostizierte Wachstum der Weltbevölkerung auf fast zehn Milliarden Menschen bis 2050 und Schätzungen, dass die Produktivität der Landwirtschaft bis dahin um fast 50 Prozent steigen müsse. Ohne modernen Pflanzenschutz würden weltweit bis zu 40 Prozent der Ernten durch Schädlinge und Unkraut verlorengehen, rechnet das Unternehmen vor.

Doch es könnte auch anders kommen. Eine Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney prognostiziert, dass der Absatz von neuen Fleischalternativen wie veganen Burgern und Kunstfleisch aus dem Labor in den nächsten Jahren deutlich steigen dürfte. Das könnte auch die Landwirtschaft radikal verändern.

Denn fast die Hälfte der weltweiten Ernte wird der Studie zufolge noch als Tierfutter verwendet, während die landwirtschaftliche Produktion, die direkt für den menschlichen Verzehr bestimmt ist, nur 37 Prozent ausmacht. Die heutige Ernte reiche im Prinzip aber bereits aus, die weltweite Bevölkerung über 2050 hinaus zu ernähern, wenn nicht der Grossteil davon an Nutztiere verfüttert werde, schlussfolgern die Autoren.

(Reuters)